Volltext: Geheimakten aus serbischen Archiven (Band I ; 1928)

Nr. 387. 
Der serbische Gesandte Jowanowitsch, Wien, 
an das Ministerium des Äußern in Belgrad. 
Wien, den i3./2 6. November 1913. 
In seiner Rede in dem Ausschuß der österreichischen Delegation 
sprach Dr. Kramar auch davon, daß die Serben in den neueroberten! 
Gebieten die bulgarische Kirche und Sprache nicht anerkennen und daß 
er hoffe, Serbien würde imstande sein, das wieder gutzumachen. 
Bevor er seine Rede im Delegationsausschuß hielt, sprachen wir beide 
über diese Frage. Als ich ihm begreiflich zu machen suchte, daß es in 
den neuen Gebieten slawische Elemente gebe, deren Sprache Eigentüm¬ 
lichkeiten der serbischen wie der bulgarischen Sprache auf weise, und als 
ich ihm ferner sagte, daß es keine bulgarische Kirche gebe, sondern nur 
eine rechtgläubige („pravoslavna“) orthodoxe und einen Glau¬ 
ben bei der dortigen Bevölkerung, da blieb Kramarsch trotzdem dabei, 
daß er im Interesse aller Slawen so sprechen müsse, wie 
er es beabsichtige. 
„In Belgrad möge man mich nicht mißverstehen, denn ich sehe weiter 
als die Serben oder Bulgaren, die ja wieder zusammengebracht 
werden müssen für die zukünftigen Kämpfe. Wir können 
nicht zugeben, daß die Bulgaren sich auf die Seite der 
Nichtslawen schlagen; man muß sie zur Einigkeit wieder be¬ 
kehren. Und kommen wird die Zeit, wo ihr euch alle schön aus- 
gleichen werdet.“ 
Nr. 388. 
Der serbische Gesandte Wesnitsch, Paris, 
an das Ministerium des Äußern in Belgrad. 
Pov. br. 613. 
Paris, den 
so. November 
3. Dezember 
xgi3. 
Ich beehre mich, mein Telegramm von gestern abend über den Rück¬ 
tritt der hiesigen Regierung zu ergänzen. Gestern spät abends ist Bar- 
thou mit seinen Genossen in der Frage über die Immunität der franzö¬ 
sischen Rente, welche in den letzten zwei Tagen in Verbindung mit der 
neuen großen französischen Anleihe sehr lebhaft und feurig behandelt 
worden ist — im Palais Bourbon gefallen. Es ist sehr wahrscheinlich, 
daß dieser Sturz auf dem Pariser Geldmärkte ein sehr lautes Echo fin¬ 
den wird, was für das neue Ministerium eine ernste Mahnung bilden 
kann. 
Die heutige Krise wird noch in besonderer Weise durch die Tat¬ 
sache kompliziert, daß eine Erbitterung gegen das gestern gefallene 
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