Volltext: Geheimakten aus serbischen Archiven (Band I ; 1928)

wurf, der Herrn Majorescu in dieser Beziehung gemacht werden könnte 
ist, daß er nicht bereits früher mehr Aktivität und Initiative gezeigt hat, 
ein Vorwurf, der auch aus der beigefügten und zweifellos inspirierten 
Zeitungsnotiz hervorgeht. 
Die Haltung der bulgarischen Regierung und der öffentlichen Mei¬ 
nung in Bulgarien ist nach hiesigen Berichten auch weiterhin eine krie¬ 
gerische, aber trotzdem wird diese Stimmung der Bulgaren die Haltung 
der Türkei und Österreichs nicht entscheidend beeinflussen können, zu¬ 
mal gerade die österreichische Regierung nach der Auffassung der deut¬ 
schen Regierung im gegenwärtigen Augenblicke keine Komplikationen 
auf der Balkanhalbinsel wünschen kann und selbst wenn sie es wün¬ 
schen würde, so ist die Friedensliebe der übrigen Großmächte, insbeson¬ 
dere Deutschlands, eine so große, daß man sicher Mittel und Wege fin¬ 
den würde, eine Separataktion Österreich-Ungarns zu verhindern, was 
übrigens auch aus der beigefügten Zeitungsnotiz ersichtlich ist. 
Dem Besuche König Ferdinands von Bulgarien in Wien wird hier 
keine allzu große Bedeutung beigemessen, zumal man nach hiesigen zu¬ 
verlässigen Informationen genau weiß, daß es zu keinem positiven Über¬ 
einkommen zwischen Österreich und Bulgarien gekommen ist. Aus die¬ 
sem Grunde verhält man sich auch den Nachrichten skeptisch gegen¬ 
über, wonach unter den Auspizien Österreichs ein Bündnis zwischen der 
Türkei, Bulgarien und Albanien bestehen soll. Man ist hier vielmehr der 
Ansicht, daß eine noch größere Annäherung zwischen Rumänien, Grie¬ 
chenland und Serbien erfolgt ist und man kann sich hier darüber im In¬ 
teresse der Erhaltung des Friedens nur freuen, denn nach hiesiger Auf¬ 
fassung ist jetzt Bulgarien das einzige Element auf dem Balkan, welches 
den Frieden zu stören bestrebt ist. 
Nr. 384. 
Der serbische Gesandte Popowitsch, Petersburg, 
an das Ministerium des Äußern in Belgrad. 
Telegramm: Petersburg, den 4*/17. November 1913. 
Ich sprach mit dem Minister des Äußern über unseren Wunsch, daß 
die Annexion1) anerkannt werde. Er sagte mir, Rußland werde sich gern 
dazu bereit finden, aber man wünsche sich vorher mit Frankreich und 
England zu verständigen; nur befürchtet auch er Schwierigkeiten von 
seiten Österreichs. 
*) Gemeint ist die Anerkennung der Annexion der in den beiden Balkankriegen neu¬ 
erworbenen Gebiete durch die Großmächte. 
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