Volltext: Geheimakten aus serbischen Archiven (Band I ; 1928)

gezwungen wurden. Außerdem lenkte diese Veröffentlichung die Auf¬ 
merksamkeit der öffentlichen Meinung in England auf diese Verhand¬ 
lungen hin und gab den Anlaß zu verschiedenen Pressekommentaren, 
die zu einer Stärkung des Standpunktes der Regierung führten und ihr 
infolgedessen eine energischere Betätigung gestatteten. Durch diese 
Intervention beabsichtigt England, wie ich aus zuverlässiger Quelle er¬ 
fahren habe, in der Hauptsache die Intemationalisierung des noch nicht 
beendeten Teiles der Hauptlinie der Bahn bis Bagdad und die Erlangung 
einer Konzession für sich bezüglich der Strecke Bagdad—Persischer 
Meerbusen zu erlangen. Auf diesen letzteren Punkt legt England be¬ 
sonderes Gewicht. Die Frage der Linie Bagdad—Persischer Meerbusen 
ist für England, wie Balfour ausführt und wie Sir Edward Grey schwei¬ 
gend bestätigte mid wie auch in der gesamten Presse immer bestimmter 
hervorgehoben wird, eine Lebensfrage, auf deren Lösung England nicht 
nur im Sinne seiner Wünsche, sondern — wie hier behauptet wird — 
auch seiner Rechte auf das energischste bestehen muß. Wenn man diese 
Tatsache in Betracht zieht, so ist es klar, daß die jetzigen schwierigen 
Verhandlungen, im Falle der Unnachgiebigkeit Deutschlands, leicht zu 
ernsten Verwicklungen führen könnten. — Bei dieser Gelegenheit er¬ 
wähne ich noch, daß ich von verschiedenen Seiten die Ansicht gehört 
habe, daß sich die Gespräche in Potsdam über die Balkanangelegenheiten 
auf den Austausch gewöhnlicher Erklärungen über die Notwendigkeit 
der Erhaltung des status quo beschränkt haben. Dies behauptet auch 
der Redakteur der „Evening Times“. 
Nr. I [\2. 
Der serbische Militär - Attaché Oberst Hadjitscli, 
Petersburg, an den serbischen Ministerpräsidenten 
in Belgrad. 
Petersburg, den 8./21. März 1911. 
Wie Ihnen bekannt sein dürfte, ist der jetzige Zar, was die auswärtige 
Politik betrifft, seinem verstorbenen Vater Alexander III. gefolgt, der ein 
ausgesprochener Gegner Deutschlands war, und zwar bis zu einem Grade, 
daß sogar die deutsche Sprache bei Hofe verboten war. Die hohe und 
mächtige russische Aristokratie, unter der sich die meisten Anhänger 
Deutschlands befanden und zugleich die meisten Gegner des russisch- 
französischen Bündnisses, wurde energisch zur Seite geschoben und von 
den maßgebenden Ehrenstellen entfernt. Nur auf diese Weise konnte 
Alexander III. das russisch-französische Bündnis zustande bringen, das 
bis heute zwar noch standhält, das aber heute stark erschüttert und 
möglicherweise am Anfänge seines Endes ist. 
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