Volltext: Geheimakten aus serbischen Archiven (Band I ; 1928)

worfenen Serben und ihren freien Brüdern. Am folgenden Tage hat sich 
dann in Belgrad gezeigt, wie diese Bande stark sind und wie tief sich die 
Idee von der Einheit aller Serben bei ihnen eingeprägt hat. Der Geburtstag 
des Königs war im wahren Sinne des Wortes ein nationaler Feiertag 
der Serben aus allen Gebieten. Hier konnte man sehen, daß Belgrad 
nicht nur das Zentrum des Serbentums, sondern aller Südslawen sei. So 
sind z. B. am Tage des 29. Juni i5o Slowenen aus Laibach nach Bel¬ 
grad gekommen, um dadurch ihren Sympathien für Serbien und für 
König Peter Ausdruck zu verleihen. Von den Kroaten, sagte er, brauche 
man nicht mehr zu sprechen, denn sie sind nunmehr mit den Serben 
geeinigt, mit denen sie tatsächlich ein Volk bilden. 
Dann schildert er seinen Empfang in Schabatz, der nicht schöner 
hätte sein können und ihm unvergeßlich bleiben werde, so namentlich 
der Festabend mit Gesang und Musik und die Begleitung aller Fest¬ 
teilnehmer am Morgen des zweiten Tages zum Schiffe, das sie nach 
Belgrad führen sollte. Das Schiff war jedoch zu seinem Bedauern kein 
serbisches, sondern ein österreichisches. Um jedem Zwischenfall vor¬ 
zubeugen, habe er die Serben, die ihn bis auf Deck begleiteten und 
patriotische Lieder sangen, die nichts weniger als schmeichelhaft für 
Österreich-Ungarn waren, darauf aufmerksam gemacht, daß das öster¬ 
reichisch-ungarische Schiff gewissermaßen österreichisch-ungarisches 
Territorium sei. Sie hätten aber gelacht und er habe gesehen, daß die 
Matrosen des Schiffes mitgesungen hätten und der Kapitän ebenfalls 
gelächelt habe. Er konnte dies nicht begreifen, bis man ihm erklärte: 
„Aber Herr, das sind ja Serben aus Österreich; der Kapitän ist aus Dal¬ 
matien und die Matrosen aus Syrmien. Das Schiff ist nur dem Namen 
nach ein österreichisches, die Betriebsleitung ist slawisch.“ Dies ist wie¬ 
der ein Beispiel, wie lebendig die serbische Idee ist und wie sie sich 
überall äußert und geltend macht. 
Zum Schlüsse seines Vortrages erwähnte Graf Bobrinski nur kurz 
die Bewaffnung Serbiens, denn wie er sagte, wäre es nicht angezeigt, 
weiter darüber zu sprechen. Nur allgemein könne er sagen, er sei auch 
der Meinung wie viele andere gewesen, daß die militärische Ausrüstung 
mehr auf dem Papiere als in Wirklichkeit vorhanden sei. Nachdem er 
aber das serbische Militär und seine Ausbildung, die Kriegsmagazine 
und Arsenale gesehen habe, freue er sich, sagen zu dürfen, daß die 
Serben in den letzten zwei Jahren in dieser Beziehung ungeheuere 
Fortschritte gemacht haben. Heute hat Serbien 200—2Öoooo tapfere 
Soldaten (er lobt ihr patriotisches Bewußtsein) im modernsten Sinne 
vorbereitet. „Ich will nicht sagen, daß Serbien allein imstande wäre, 
einen Krieg mit Österreich-Ungarn zu führen, aber im Falle, daß Öster¬ 
reich-Ungarn in einen Konflikt mit einem Dritten geriete, würde die 
serbische Armee von großer Bedeutung sein; wenn man den Mut und 
den Patriotismus der serbischen Soldaten in Betracht zieht, müßte öster¬ 
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