Volltext: Geheimakten aus serbischen Archiven (Band I ; 1928)

persische Frage mit Kenntnis Englands verhandelt worden sei und daß 
demnach England die Potsdamer Zusammenkunft nicht ungünstig auf- 
genommen habe. Was Frankreich betrifft, wird auch dort, wie mir der 
französische Botschafter Herr Louis sagte, diese Zusammenkunft keinen 
schlechten Eindruck machen, denn man weiß auch dort, daß Rußlands 
Politik gegenüber dem Dreibund eine loyale sei. Ebenso hat auch der 
größere Teil der Presse die Zusammenkunft günstig kommentiert, ja 
selbst das Kadettenblatt „Rjetsch“. 
Im allgemeinen haben die meisten russischen Politiker, mit denen ich 
gesprochen habe, nichts gegen diese Zusammenkunft einzuwenden. Den 
reaktionären Elementen in Rußland war eine Annäherung zwischen Zar 
Nikolaus und Kaiser Wilhelm immer erwünscht, denn letzterer ist ja der 
einzige Souverän in Europa, dessen Ideen über das Gottesgnadentum der 
Herrscher sich am meisten den russischen nähern. 
Die liberalen Kreise in Rußland waren sich der Erkaltung der Be¬ 
ziehungen zwischen Deutschland und Rußland infolge der bosnischen 
Krise bewußt und sind befriedigt, daß dieser Zustand gesünderen Be¬ 
ziehungen Platz gemacht hat, da Rußland als Nachbarland ein großes 
Interesse hat, mit Deutschland in Frieden zu leben. 
Die einzige Ausnahme bilden die panslawistischen Kreise, die ihrer 
Tradition gemäß einer Annäherung Rußlands an Deutschland niemals 
zugestimmt haben. 
Nr. i io. 
Der serbische Gesandte Popowitsch, Petersburg, 
an das Ministerium des Äußern in Belgrad. 
Petersburg, den 12./25. Dezember 1910. 
Gestern hat in dem Klub der Arbeiter für öffentliche Wohlfahrt 
(Klub obschtschestwenih djelatelja) der Redakteur der „Nowoje Wrem- 
ja“, D. Wergun, einen Vortrag über den slawischen Kongreß in Sofia 
gehalten, worauf der bekannte Slawophile Graf Bobrinski (Mitglied der 
Duma) über seine Eindrücke von seiner Reise nach Belgrad berichtete. 
In der Hauptsache sagte er: Er sei vom slawischen Kongresse in Sofia 
früher abgereist, um bei den Feierlichkeiten anläßlich des Namenstages 
des Königs Peters (29. Juni/12. Juli) zugegen zu sein. Mit demselben 
Zuge sind auch die serbischen Sokoln aus Sofia abgereist, trotzdem die 
Sokolfeierlichkeiten in Sofia noch nicht beendet waren. Auch sie wollten 
zum Geburtstage des Königs in Belgrad eintreffen. Es waren nicht nur 
Sokoln aus dem Königreich, sondern auch solche aus den serbischen 
Ländern der österreichisch-ungarischen Monarchie und er (Bobrinski) 
sehe darin den Ausdruck der natürlichen Bande zwischen den unter¬ 
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