Volltext: Geheimakten aus serbischen Archiven (Band I ; 1928)

Nach demselben gaben Kaiser Wilhelm und Kaiserin Augusta ihre 
Karten bei den Erzherzogen und Erzherzoginnen ah und besuchten den 
intimen Freund des Kaisers Fürsten Fürstenberg. Um 7 Uhr war großes 
Hofdiner für die deutschen Majestäten, ihre Suite, für die österreichische 
kaiserliche Familie, für die gemeinsamen österreichisch-ungarischen 
Minister, die hiesigen Vertreter der deutschen Staaten und noch einige 
Großwürdenträger des österreichischen Zivil- und Militärstandes. Bei 
diesem Diner wurden zwischen dem österreichischen und deutschen 
Kaiser sehr bezeichnende Trinksprüche politischen Inhalts gewechselt, 
in denen von seiten des Kaisers von Österreich der Dankbarkeit für 
die ihm unterwiesene Unterstützung zur Aufrechterhaltung des all¬ 
gemeinen Friedens und von seiten des deutschen Kaisers der Freund¬ 
schaft und Bundestreue Ausdruck verliehen wurde. In beiden Trink¬ 
sprüchen wurde zugleich der friedliche Charakter des Dreibundes und 
die Wohltat des allgemeinen Friedens betont. 
Nach diesem Galadiner fand eine Soiree im großen Redoutensaal der 
Hofburg statt, zu welcher alle Mitglieder des diplomatischen Korps, 
die österreichischen Minister und andere Großwürdenträger, zahlreiche 
höhere Offiziere und vornehme Damen geladen waren. Auf dieser 
Soiree ließ sich der deutsche Kaiser die Chefs der auswärtigen Mis¬ 
sionen, die österreichischen und einige ungarische Minister, den Prä¬ 
sidenten des österreichischen Parlaments und mehrere Generäle vor¬ 
stellen und richtete an jeden derselben einige freundliche Worte. Mir 
drückte der Kaiser vor allem seine Zufriedenheit darüber aus, daß der 
Frieden zwischen Serbien und Österreich-Ungarn erhalten geblieben 
ist, dann erkundigte er sich nach dem früheren und jetzigen Thron¬ 
folger, und als ich ihm sagte, daß Kronprinz Alexander zur Fort¬ 
setzung seiner Studien die Universität Bonn besuchen werde, antwor¬ 
tete er mir, das sei eine gute Wahl, denn die Universität Bonn sei 
zwar klein, aber gut und er selbst habe seine Söhne hingeschickt. 
Heute vormittag empfing Kaiser Wilhelm den Baron Aehrenthal und 
verehrte ihm seine Büste. Dieser Audienz wohnte, wie die Zeitimgen 
melden, auch der hiesige deutsche Botschafter von Tschirschky bei, 
woraus man schließt, daß von der politischen Lage die Rede war. 
Später legten Kaiser Wilhelm und die Kaiserin Kränze am Sarge der 
verewigten Kaiserin Elisabeth und des Kronprinzen Rudolf nieder; 
dann war er auf der Erzherzog-Karl-Ausstellung im österreichischen 
Museum und besuchte seinen Botschafter. Dann wurde in der Hofburg 
das Dejeuner für die kaiserlichen Gäste serviert und um 3 Uhr nach¬ 
mittags verreisten die deutschen Majestäten mit ihrer Suite mit der 
Westbahn, begleitet von Kaiser Franz Joseph und der kaiserlichen Fa¬ 
milie mit denselben Ehren, mit denen sie gestern empfangen worden 
waren. 
Zieht man das Fazit dieses Besuchs des deutschen Kaisers bei sei- 
8 Boglritschewitscli, Serbien. 
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