Volltext: Geschichte der Stadt Ried i. I. 12. Heft. 3. Teil (3. Teil)

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freiplastisch gebildete Halbfigur St. Florians, der Wasser 
auf den brennenden Pulverturm gießt. Zu Seiten dieses 
Reliefs stehen unter Muschelbaldachinen St. Joses und 
St. Joachim, in die Nische des Aufsatzes ist das Figürchen 
eines heiligen Bischofs eingestellt, den obersten Abschluß 
bildet eine Figur des Schutzengels. Diese Figuren bedeuten 
nun gegenüber den Figuren des Hochaltars und gegenüber 
der Plastik der ganzen vorangehenden Periode einen un- 
geheuren Fortschritt. Betrachten wir zunächst die Mittel- 
gruppe! Die Darstellung einer großen plastischen Gruppe 
im Mittelfeld hätte an und für sich nichts zu bedeuten. Die 
sogenannte deutsche Renaissance hatte ja die Entwicklung 
der großen freiplastischen Gruppendarstellung ausgebildet, 
wir brauchen uns nur etwa an die mächtigen Mittelgruppen 
der Altäre der Ulrichskirche in Augsburg oder an den 
Mondfeer Altar (1626) zu erinnern. Aber in solchen Dar- 
stellungen wie in Augsburg und Mondsee schufen die Kunst- 
ler doch nur wohlstudierte, menschliche Figuren, die in der 
Rolle von Heiligen aufzutreten hatten. Das Packende lag 
in der Prächtigkeit, in der ebenmäßigen Schönheit ihrer 
Erscheinung. In dem Mittelfeld des Floriani-Altars ist 
aber nicht mehr die Figur und Handlung des Heiligen an 
sich der Gegenstand der Darstellung, sondern das W u n- 
d e r b a r e. Der Pulverturm der Stadt brennt, die Stadt 
steht wenige Minuten vor der Zerstörung und da bricht 
der Heilige mit Wucht förmlich aus dem Bildgrunde hervor, 
er sprengt in der elementaren Urplötzlichkeit seiner Erscheinung 
den Rahmen der Bildnische, das Gewand flattert, vom Sturm 
gepeitscht, als hätte ein Orkan eben den wundertätigen 
Feuerpatron auf Wolken zur Rettung herangetragen. Auch 
die übrigen Heiligenfiguren des Altars zeigen dieses 
Streben des Künstlers, das Ungewöhnliche der Erscheinung 
zu betonen. Besonders St. Joachim, der Schutzengel und die 
Bischofsfigur sind in dieser Beziehung sehr gute plastische 
Leistungen, während die Figur St. Josefs in Haltung und 
Gewandbehandlung weniger befriedigt. Das Uebermensch- 
liche, Uebermaterielle in der Erscheinung dieser Figuren 
wird, wie es in der allgemeinen Kunstentwicklung dieser 
Periode lag, durch gesteigerte Bewegung ausgedrückt." 
In der vierten Kapelle, die dem Handwerke der Schuh- 
macher zur Abhaltung der Gottesdienste diente, steht der 
Altar des hl. Anton von Padua. 
Ferner sind an den Turm zwei vollständig abge- . 
schlössen? Kapellen angebaut, rechts die Annakapelle 
und links die Elendkapelle. Erstere weist noch die 
Spuren der ursprünglichen Anlage auf und enthält Wand¬
	        
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