Volltext: Die Kämpfe im Baltikum nach der zweiten Einnahme von Riga

106 
Litauisches Zwischenspiel. 
radikalen Obersten Semitan und dergleichen. Man sandte schließlich durch 
Vermittlung eines französischen Kapitäns ein Telegramm an die franzö¬ 
sische Mission in Berlin ab, in dem diese um Anerkennung der westrussischen 
Regierung und um Vermittlung bei England und Lettland gebeten wurde, 
erhielt aber auf dieses Telegramm niemals eine Antwort. Darüber ging 
nutzlos weitere, kostbare Zeit verloren. Graf Pahlen entschloß sich schließlich, 
Ende Oktober selbst nach Berlin zu fahren, um dort mit der deutschen 
Regierung und den Entente-Missionen Fühlung zu nehmen, ein Versuch, 
der indessen ebenfalls zu keinem positiven Ergebnis führte. 
So blieb den Westrussen nur noch die Hoffnung, sich mit den Litauern 
zu einigen. Dieser Gedanke, der vor allem von dem Vertreter des Grafen 
Pahlen, Baron Rolfen, gefördert wurde, war mit der gegenwärtigen, völlig 
im Ententefahrwasser segelnden litauischen Regierung nicht zu verwirk¬ 
lichen. Rollen suchte daher sich auf die deutsch- und ruffenfreundlichen 
Elemente im litauischen Heer und Volk zu stützen und Verbindungen mit 
den Polen anzuknüpfen, um den Kampf gegen den Bolschewismus auf 
breiterer Grundlage zu führen. Diese Pläne, für die es leicht war, den 
Befehlshaber der Westarmee und auch die Mehrzahl der deutschen Frei¬ 
korpsführer zu gewinnen, scheiterten an der Unzulänglichkeit der Mittel 
und an dem Einfluß der Entente. 
Verschlechterung der militärischen Lage. 
Die westrussischen Truppen waren sämtlich an der Front festgelegt und 
konnten, da die im deutschen Betrieb stehenden Bahnen zu Querverschie¬ 
bungen nicht zur Verfügung standen, nicht einmal an der jeweils wichtigsten 
Stelle vereinigt werden. Eine weitere entscheidende Schwächung stand in 
Aussicht, wenn die reichsdeutschen Truppen Litauen verlassen haben würden, 
was nach Abschluß des Vertrages von Radziwilischki binnen kurzem der Fall 
sein mußte. Es blieb dann der Westarmee gar nichts anderes übrig, als den 
Schutz ihrer einzigen Lebensader, der Bahn Mitau—Laugszargen, selbst zu 
übernehmen, womit sie endgültig festgelegt war. 
Militärische Dienststellen und Reichsregierung. 
Zwischen all diesen Bestrebungen und Gegensätzen stand das General¬ 
kommando des VI. Reservekorps mehr oder minder allein. Auf Unterstützung 
und Verständnis konnte es nur bei seinen vorgesetzten militärischen Dienst¬ 
stellen rechnen. Diese mußten sich aber auch den vielfach wechselnden An¬ 
schauungen der innen- und außenpolitisch abhängigen Regierung an¬ 
passen. Klar war die Politik der Reichsregierung nur insofern, als sie sich
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.