Volltext: Statistik der Bodenproduction von zwei Gebietsabschnitten Oberösterreichs

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die Genauigkeit der Erhebungen zu machen. In dieser Beziehung hat es sich herausgestellt, daß es das Beste sei, 
sich an einzelne, als gute Rechner und offene Köpfe anempfohlene Bauern zu wenden, keineswegs aber mehrere 
derselben zu einer Berathung zusammen zu berufen. Auch in Oberösterreich wurde nämlich die Erfahrung 
gemacht, daß, wenn mehrere Bauern zu Red' und Antwort versammelt sind, sich jeder vor dem andern scheut, 
genaue Fassionen zu machen. Hingegen ist es oft zu verwundern, wie einzelne unter vier Augen, nachdem ihnen 
der Zweck der Arbeit klar gemacht worden oder selbst ohne alle Aufklärung über den Zweck mit der größten 
Offenheit ihre Erfahrungen mittheilen. 
Wo man bei den eigentlichen Bauern keine entsprechende Auskunft über locale Verhältnisse erlangen kann, 
gelingt dies oft bei den Wirthen, Müllern oder Fleischern. Diese haben in der Regel auch nicht unbedeutende 
Oekonomie in gleicher Bewirtschaftung wie die Bauern, nur daß sie gewöhnlich mehr Dünger verwendbar haben; 
da sie aber nicht auf die Landwirthschaft allein angewiesen sind, identificiren sie sich nicht so vollständig mit den 
Bauern, legen kein so großes Gewicht auf die Grundsteuer und sind daher weniger zurückhaltend. Zudem haben 
sie Tag für Tag reichlich Gelegenheit, mit den Bauern über alle ihre Angelegenheiten zu verkehren und sammeln 
dadurch eine Menge von Daten, die sich ihnen fast von selbst aufdrängen. 
. Uebrigens wird wohl kein Statistiker die Angaben selbst der aufrichtig erscheinenden Bauern ohne weiteres 
als alleinige Basis seiner Ansätze hinnehmen. Die Ausschreibungen einzelner nicht bäuerlicher rationeller Land 
wirthe und die Bonitirung durch geübte Sachverständige werden jedenfalls zur Controle dienen und in: schlimmsten 
Falle die Angabe von Bauern, wenigstens was Erträge anbelangt, auch ganz entbehrlich machen. Als Haupt 
resultat in dieser Beziehung wäre der Satz zu betonen: „solche Erhebungen müssen nicht ohne die Bauern, 
aber keinesfalls mit den Bauern allein vorgenommen werden." 
Nachdem nun von den freiwilligen Mitwirkenden gehandelt ist, möge über die officiellen Mitarbeiter gleich 
falls Einiges bemerkt werden. 
Daß landwirthschaftlich-statistische Arbeiten nicht ohne Inanspruchnahme der politischen und Steuer 
behörden — in den einzelnen Bezirken insbesondere der Bezirksämter (Bezirksgerichte mit eingeschlossen) und der 
Steuerämter — durchgeführt werden- können, ist wohl selbstverständlich. Die letzteren sind im Besitze der sämmt 
lichen auf den Bezirk sich beziehenden Katastraldaten: über die Hauptgattungen der Culturen, deren Ausmaße und 
Bertheilung, Besitzerkategorien, Besitzstandsgrößen, dann über die Besitzstandsveränderungen bei Verkäufen, Ueber- 
gaben u.s.w., wobei zum Behufe der Gebührenbemessung der Werth berechnet wird; sie führen ferner die Ausschrei 
bungen über die Abgaben von landwirthschaftlich-industriellen Unternehmungen nach deren Ausdehnung und Pro- 
ductionsmengen; sie sind auch mit den einzelnen Besitzern und deren Verhältnissen besonders genau bekannt. Die 
Katastralmappenarchive endlich enthalten die eingehendsten Schätzungsoperate über alle Gemeinden des Landes. 
In den Bezirksämtern finden sich die Tabellen über Volks- und Viehzählung; dort sind die Verhältnisse 
der Communicationsmittel, Straßen und Wege, Distanzen, Marktverhältnisse, teilweise im Einvernehmen mit 
den Gemeindeämtern, ersichtlich gehalten oder doch leicht zu erlangen; dort endlich entnimmt man aus den 
Grundbüchern die Verschuldungsverhältnisse und die Preise der Güter bei den letzten Besttzveränderungen und 
aus den Gestionsprotocollen die Zu- oder Abnahme der executiven Feilbietungen. Wird die agricole Gesetz 
gebung einmal auch über Wasserrecht und Trennung und Zusammenlegung von Gütern und Gutstheilen die 
gehofften Bestimmungen erlassen haben, so wird man bei den Bezirksämtern auch über die Erfolge dieser Maß 
regeln Aufzeichnungen finden. 
Wie wäre daran zu denken, mit Umgehung aller dieser höchst wichtigen und größtentheils unersetzlichen 
Quellen eine landwirthschaftliche Statistik zn schaffen? Bon der M^irkung dieser Organe — mögen sie nun 
selbst arbeiten oder nur die Materialien zur Bearbeitung überliefern — wird immer ein großer Theil des Er 
folges abhängen. Daß die betreffenden Beamten, wenn ihnen der Auftrag dazu gegeben wird, demselben nach 
kommen werden, versteht sich von selbst; aber es dürfte Vielen fraglich erscheinen, ob durch eben diese Organe 
gerade dasjenige ausführbar sei, was die ministerielle Denkschrift verlangt. 
In dieser Beziehung wurde bei der Probearbeit die Erfahrung gemacht, daß sämmtlichen Anforderungen 
ohne Schwierigkeit entsprochen werden kann, da die über den gewöhnlichen Kenntnißkreis der betreffenden 
Beamten hinausgehenden naturwissenschaftlichen und technischen Partien ohnedies von denselben nicht verlangt, 
sondern einem eigenen Commissär und dessen fachlichen Mitarbeitern überlassen werden. 
Am meisten äußerte sich in manchen Kreisen der Zweifel, ob die angestrebte Behandlung eines Landes nach 
natürlichen Bezirken, wobei die Grenzen der politischen und Steuerbezirke nicht selten verwisckt und nur die 
Statistik der Bodenproduction. 2
	        
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