Volltext: Die Rainer am Cimone

Freitag, den 3. August 1916. 
Das II. Baon auf „Cimone Süd" 
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Wir werden das Gefühl nicht los, daß sich beim Feind 
wieder irgend etwas vorbereitet. Die in den letzten Tagen 
merklich zunehmende Artillerietätigkeit, die zeitweise 
große Heftigkeit erreicht, aber auch die intensive Tätigkeit 
feindlicher Flieger könnten als Beweis dafür gelten. 
Flugzettel flattern zu uns herab. Man fordert uns darin 
auf, unsere Stellungen zu räumen, sonst — so lautet un 
gefähr die Drohung — würden sie dem Erdboden gleich 
Samstag, den 4. August 1916. 
Das II. Baon auf „Cimone Süd" 
Vom 3. auf den 4. August ist die Gruppierung der auf 
„Cimone Süd" versammelten Besatzungstruppen folgende: 
7. Komp. Lt. K i r ch w e g e r mit je einem Zug auf Feld 
wache (Kdtt. S I a b y) und im Verbindungsgraben (Kdtt. 
Fink e), restliche Halbkomp, im „Hexenkessel". 
6. Komp. Lt. Chiari mit drei Zügen in der Haupt 
stellung, ein Zug detachiert zur Sicherung des zwischen 
Cimonekopf und Kote 1151 befindlichen Frontstückes. 
8. Komp. Lt. G a n d I m a y e r mit drei Zügen als Baons- 
reserve, ein Zug (Kdtt.-Asp. Eder) detachiert auf „Cimone 
Ost". 
5.30 Uhr früh! Mehrere gewaltige Explosionen zer 
reißen die tiefe Stille des Morgens; die Erde bebt, Stein- 
und Erdmassen werden in den Verbindungsgraben ge 
schleudert. Das war kein freundlicher Morgengruß mehr! 
Ein rasendes Feuer ergießt sich nun auf den Cimonekopf. 
Hundert Feuerschlünde überschütten uns mit Tod und Ver 
derben. Ohrenbetäubend dröhnen die Einschläge. Die 
Hölle ist los! Trommelfeuer! Bald wird uns Gewißheit. 
Von einem Sappeur, der unsere Hindernisse vor der 
Feldwachenstellung sprengen sollte und dabei gefangen 
wird, erfahren wir, daß um 10 Uhr vormittag ein groß 
gemacht. Nach allen bisherigen Wahrnehmungen haben 
wir keinen Grund, daran zu zweifeln, daß die Italiener 
ihre Drohung zur Wahrheit werden lassen. 
Es ist jedenfalls besser, eine peinigende Ungewißheit 
los zu sein, als von der Gefahr überrascht zu werden. 
Mit Ausnahme des üblichen Minen- und Gewehr 
granatenfeuers im Raume unserer Feldwachenstellung 
herrscht am Cimone eine verdächtige Ruhe. Ist es die Ruhe 
vor dem Sturm? 
angelegter Angriff auf unsere Stellung erfolgt. Das Feuer 
dröhnt und donnert fort. In das Poltern, Rollen und Don 
nern des Trommelfeuers mischt sich das helle Krachen der 
Minen. Das ist es, was wir am meisten zu fürchten haben. 
Wir suchen Schutz hinter den Traversen, wir pressen 
uns bald an die vordere, bald an die hintere Wand des 
Grabens an, denn für uns gibt es keine schützende 
Kaverne. In rasender Folge schmettern die Einschläge, für 
Augenblicke verschwindet der Graben unter riesigen, pech 
schwarzen Rauchsäulen. Steine und Eisen schwirren über 
unsere Köpfe. Sie bersten, splittern Fels von der den 
Graben im Osten begrenzenden Wand. Und als sich der 
ekle Rauch verzogen hat, klafft eine breite Lücke in der 
Sandsack-Brustwehr. Ein Minenvolltreffer nach dem andern 
sitzt im Graben. Traversen verschwinden. Immer weiter 
fort schreitet die Zerstörung. Menschen werden zermalmt, 
Fetzen ihrer Monturen haben sich auf den zersplitterten, 
ihrer Äste beraubten Jungbuchen verfangen, die einst den 
Graben beschatteten. Dort flattern sie wie Siegesfahnen, 
bis der nächste Einschlag sie wieder zu Boden wirbelt. 
Hie und da gellt ein Hilfeschrei durch das Tosen des 
furchtbaren Feuers.
	        
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