dorfer die Vorrückung. Ein Teil des Zuges Hat im Ver
bindungsgraben vorzugehen mit der Aufgabe, vorerst
wieder die Kaverne in Besitz zu nehmen und korrespon
dierend mit dem Vordringen des anderen, auf dem
schmalen Grat vorgehenden Teiles den Gipfel zu ge
winnen. Die Vorrückung, die anfangs flott vor sich geht,
stockt plötzlich. Unsere Artillerie hindert uns, weiter vor
zudringen. Einige kostbare Minuten vergehen, ehe die
Rückverlegung des Feuers erfolgt. Nun abentritt der Feind
in Aktion. Seine Maschinengewehre rattern, richten sich
auf den schmalen, teilweise nur einige Meter breiten, nach
beiden Seiten mit kleinen Steilwänden abfallenden Grat,
auf dem die Unseren vorgehen. Das feindliche Feuer fügt
den Angriffswellen, die sich zu einem Knäuel verdichten,
furchtbare Verluste zu. Kdtt.-Asp. Oberndorfer wird
durch zwei Schüsse in die Brust schwer verwundet.
Nur wenigen gelingt es, diese Feuerkette zu durch
brechen und sich auf Sturmdistanz heranzuarbeiten. Und
als sich diese Tapferen anschicken, die etwa acht Meter
betragende Überhöhung der italienischen Stellung zu über
winden, werden sie mit einem unerhörten Handgranaten
feuer und einem Steinhagel empfangen, der ununter
brochen neue Opfer fordert. Die Schwungkraft unseres
Angriffes ist erlahmt, eine Einheitlichkeit desselben nicht
mehr vorhanden. Er löst sich in Einzelaktionen auf, deren
Endergebnis bei der zahlenmäßigen Überlegenheit eines
in günstigster Position befindlichen zähen Gegners voraus
zusehen war. Wohl gelingt es einzelnen Gruppen, sich
näher an die feindliche Stellung heranzuarbeiten. Ein Er
folg bleibt ihnen trotz aller Tapferkeit, Kühnheit und Kalt
blütigkeit versagt. Das Blut der Besten netzt die Erde des
Cimone. Unterdessen war ein Zug der 12. Komp, unter
dem Kommando des Kdtt. Erich Gebert herangekommen.
Die Vorrückung erfolgt durch den Verbindungsgraben, der
Ausstieg aus demselben und die Gewinnung des hier etwa
zwei bis drei Meter hohen Steilabfalles der den zum
Gipfel führenden Grat im Westen begrenzt, im letzten
Drittel der Gesamtgrabenlänge. Die Kaverne am Südende
des Verbindungsgrabens war bereits von Mannschaften
der 2. Komp, wieder in Besitz genommen worden. Die
feindliche Gegenwehr hatte einen Intensitätsgrad erreicht,
der es hätte rötlich erscheinen lassen, unseren Angriff zu
verschieben, um ein nutzloses Hinopfern von Menschen zu
vermeiden. Infanterie- und Maschinengewehrfeuer prasselt
auf den Felsrand, den die Mannschaften der 12. Komp,
sich anschicken, nun zu gewinnen. Kdtt. Gebert, seinen
Mannschaften voran, trifft beim Erklettern der kleinen
Steilwände mittelst einer primitiven Leiter ein Steinsplitter
am Kopf. Unbekümmert um das herabrieselnde Blut ge
winnt er sprungweise im rasenden feindlichen Feuer die
in Sturmdistanz der italienischen Gipfelstellung gegenüber
liegenden Reste der Schwarmlinie der 2. Komp., die er
vorreißen soll. Hoch klingt das Lied der Tapferen, die
innerlich überzeugt von der Aussichtslosigkeit dieses Be
ginnens, ein leuchtendes Beispiel von Rainertreue geben.
Für sie gibt es nur ein Vorwärts. Der Tod hält reiche Ernte.
Kdtt. i. d. R. Erich Gebert
12. Komp.
Kdtt. Gebert ist Kommandant der Angriffsgruppe, die nach
der Besitznahme des Cimonegipfels durch die Italiener am
23. Juli 1916 dessen Wiedereroberung durchzuführen hat.
Ein in vieler Hinsicht ungenügend vorbereiteter Angriff mit
einer durch Trommelfeuer zermürbten Mannschaft auf eine
den Angriffsraum bedeutend überhöhende feindliche Stel
lung, in der ein entschlossener, unerschütterter Feind steht,
das ist ungefähr die Situation, die den Ausgang des un
gleichen Kampfes von vorneherein erkennen läßt. Aber die
Rainer kennen kein Verzagen! In einem furchtbaren, aus
nächster Nähe wirkenden Abwehrfeuer setzen sie immer
wieder zum Sturm an, bis ihr Kommandant Kdtt. Gebert von
fünf Schüssen getroffen zu Boden sinkt. Sein Schicksal ist
auch das seiner Mannschaft, die tot oder verwundet auf
der Strecke bleibt. Rainertreue, Rainerpflicht! In diesen Er
eignissen fanden sie wieder ihre restlose Erfüllung. —■ Die
Verleihung der Silbernen Tapferkeitsmedaille I. Kl. lohnte
die beispielgebende Tapferkeit des Kdtt. Gebert.
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