Volltext: Die Rainer am Cimone

Sonntag, den 8. Juli 1916. 
Die 1., 2., 3. und 13. Komp, in Stellung auf „Cimone Ost" 
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Kriegserfahrung! Das Marschbaon ist kürzlich auf 
geteilt worden. Die junge, im Kriege noch unerfahrene 
Mannschaft wird genau belehrt, denn es geht zum ersten 
mal hinaus in die Stellung. Sie ist zwar nicht sonderlich 
exponiert, immerhin muß man vorsichtig sein. 
Zum erstenmal auf Posten! Welch herrliches Gefühl 
die Brust weitet! Es macht stolz, nunmehr auch in diesem 
großen Krieg mithalten zu dürfen. Was würden wohl die 
Eltern, die Brüder, die Freunde dazu sagen, wenn sie es 
sehen könnten! Scharf äugt man zum Feind. Da unten! 
Der erste Feind, den man mit eigenen Augen sieht. Das 
Herz schlägt höher, denn man hat schon mit dem Ge 
danken kokettiert, ihm zu Leibe zu rücken. Man war 
immer ein guter Schütze. Nun kracht ein Schuß! Der Feind 
ist getroffen worden. Stolze Freude schwellt die Brust. 
Der erste Sieg! Um die Wirkung des Schusses besser 
beobachten zu können, beugt man sich weit über die 
Brüstung der Sandsackmauer vor. Im nächsten Augenblick 
taumelt der junge Krieger lautlos zurück. Der Schuß ging 
durch die Stirn! 
Ja, die Kriegserfahrung! Sie ist eine Summe von Folge 
rungen aus eigenen Fronterlebnissen, die erweitert durch 
Beobachtungen aus anderen Frontabschnitten eine innere 
Ausgeglichenheit und Festigkeit schafft, die viele Ge 
fahren zu bannen vermag. Heute wollen wir unser 
Sammelsurium fremder Beobachtungen um eine weitere 
bereichern, die uns vielleicht später einmal wertvolle 
Dienste leisten kann. Wir vernehmen, daß ein Angriffs 
befehl des italienischen IR. 227 Weisungen für die Infan 
terie enthält, gegen Ende der Artillerievorbereitung, etwa 
zehn Minuten vor dem Sturm, mit weißen Taschentüchern 
zu schwenken, um die Artillerie zu verständigen. Da es 
nicht unwahrscheinlich ist, daß dieser Verständigungs 
modus auch anderwärts angewendet wird, haben die 
Unterabteilungskommandanten zur Vermeidung von Miß 
verständnissen eine allgemeine Verlautbarung dieser 
Mitteilung durchzuführen. Wie groß wird über kurz oder 
lang die Zahl derer noch sein, die diese Mitteilung in 
ihrem Erfahrungsschatz aufspeichern? Krankheiten und 
die laufenden Abgänge durch feindliche Einwirkung ver 
kleinern ständig den Kreis der Wissenden. Der heutige 
Tag ist ein Unglückstag für die 4. Komp., die vermeinte, 
in den von der 13. Komp, erbauten Reservedeckungen ein 
ungestörtes Dasein verbringen zu können. Das feindliche 
Artilleriefeuer, das in gewohnter Weise schon um 5 Uhr 
früh begann, steigert sich gegen y 2 7 Uhr früh zu einem 
Höhepunkt. Der Raum der 4. Komp, wird heute in stärkstem 
Maße davon betroffen. Der Offiziersdiener des Kom 
pagniekommandanten Lt. Heinisch, R e 11 e n b a ch e r, ist 
das erste Opfer. Ein Aufschlagschrapnell zerreißt ihn 
förmlich in Stücke. Im Laufe des Vormittags schwillt das 
Feuer wiederholt zu größter Heftigkeit an. Die Toten und 
Verwundeten der 4. Komp, mehren sich. Auch der Raum 
der Brigadereserve bei Cavecchia steht wie gewöhnlich 
unter feindlichem Artilleriefeuer. Erst gegen 3 Uhr nach 
mittags tritt vollständige Ruhe ein. Um 5 Uhr nachmittags 
sehen wir den ersten Fesselballon; über dem Mte. Barco 
schwebt er an Seilen, der wurstförmige Ballonkörper mit 
den charakteristischen Steuersäcken. 
Ein italienischer Fesselballon
	        
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