Volltext: Die Rainer am Cimone

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genug, um fünf bis sechs Personen aufzunehmen. Obit. 
Szentmiklosy verlegt während des Artilleriefeuers 
seinen Aufenthalt gern hieher, um der vorderen Halb 
kompagnie näher zu sein. 
Die Kämpfe der letzten Tage haben noch eine un 
angenehme Erkenntnis gezeitigt. Die Aufstellung der Feld 
wachen südlich des Cimonegipfels, die, vom Standpunkt 
einer Nachhutstellung aus betrachtet, als ausreichend ge 
kennzeichnet werden muß, läßt jetzt, wo unsere Stellung 
allmählich den Charakter einer Dauerstellung anzunehmen 
beginnt, schwerwiegende Mängel erkennen. Es ist aber 
gegenwärtig angesichts der ununterbrochenen und starken 
feindlichen Artilleriewirkung auf das Gelände südlich des 
Gipfels keine Möglichkeit mehr vorhanden, sie zu ver 
bessern. Vor allem hat die Feldwache beim Telephon 
häuschen keine Möglichkeit, von dort aus das Vorterrain 
zu beobachten. Die Gefahr, daß der vorgeschobene 
Posten, ohne daß die Feldwache davon etwas zu merken 
braucht, überrumpelt wird, ist bei dieser Aufstellung nicht 
zu vermeiden. Schließlich haben die Tatsachen erwiesen, 
daß auch die gegen die Valedaschlucht sichernde Feld 
wache nicht in der Lage war, einen Feind, der versuchte, 
sich am Osthang des Cimonekopfes zwischen Hauptstel 
lung und Feldwachenstellung einzuschieben, festzustellen. 
Die Kämpfe der letzten Tage haben diese Gefahren mit 
aller Deutlichkeit aufgezeigt. 
Das I. Baon und V213. Komp, auf „Cimone Ost" 
Die Artillerietätigkeit des Feindes macht sich schon am 
Vormittag unliebsam bemerkbar. Fast drei Stunden lang 
beschießt er Campana mit schwerer Artillerie. Viele Häuser 
sind schon schwer beschädigt, bei einigen stehen nur mehr 
angekohlte Mauerreste. Diese, auf verschiedene Abschnitte 
der Cimonefront wirkenden feindlichen Feuerüberfälle, die 
zeitweise den Charakter eines Massenfeuers annehmen, 
bergen zweifellos eine große Gefahr in sich. Sie wird 
immer größer, je mehr der Feind mit dem Verlaufe unserer 
Stellung bekannt wird. 
4 Uhr nachmittags! Ein Feuerorkan setzt auf dem Ab 
schnitt des I. Baons an der Straße ein, wie er bisher nicht 
beobachtet wurde. Granaten wühlen vor- und rückwärts 
der Stellung der 1. Komp, den Wald- und Ackerboden auf, 
entwurzeln die jungen Kirschbäume, zersplittern ihre frucht 
beladenen Äste. Wir sitzen in der Deckung des Reserve 
zuges der 1. Komp. Sie befindet sich hinter ihrem rechten 
Flügel, in der nach Campana heraufführenden Mulde. 
Eine zwei Meter hohe, etwa zwölf bis fünfzehn Meter 
lange, mit der Front gegen Süden verlaufende Steinmauer, 
die das Gelände stufenförmig abbaut, schien uns der 
zweckmäßigste Ort für deren Errichtung zu sein. Eine längs 
dieser Steinmauer geführte durchlaufende Pritsche, dar 
über, in Fortsetzung der oberen Geländestufe, ein mit 
Rasenziegel maskiertes Dach — und die Deckung war 
beziehbar. An ihrem linken Flügel ist ein kleiner Raum 
abgetrennt, die Offiziersdeckung. Dort sind jetzt Oblt. 
M a y e r I, der Kommandant der MGA. I, und einige 
Offiziere der 1. Komp, versammelt, sie wollen hier das 
Abflauen des Feuerwirbels abwarten. 
Der Boden erzittert unter den furchtbaren Explosionen, 
deren Aufeinanderfolge nicht mehr unterschieden werden 
kann. Wiesen und Äcker, die die Serpentinenstraße be 
gleiten, rauchen. Knapp hinter unserer, gegen Norden 
offenen Deckung fahren die Granaten in den Ackerboden. 
Jeder Einschlag schmettert uns Erdmassen an die Köpfe. 
Ob wir es wollen oder nicht: Unser gesamtes Empfinden 
ist darauf eingestellt, aus der mit der Geschoßrotation ver 
bundenen Lärmentwicklung auf das Kaliber zu schließen. 
Die leichten Geschosse achten wir nicht mehr. Aber wenn 
das Rauschen von oben kommt, wenn es sich gedanken 
schnell zu entsetzlichem Brüllen verstärkt, dann drücken 
wir uns enger an die Steinmauer und erwarten den Ein 
schlag, dessen Furchtbarkeit uns erschauern macht. Immer 
wieder dasselbe Spiel, das an unseren Nerven zerrt, das 
unsere Spannkraft erlahmen läßt. Plötzlich erschüttert ein 
gewaltiger Stoß das primitive Balkenwerk unserer Deckung. 
Wir erwarten jeden Augenblick das Gräßliche. Doch nichts 
geschieht! War es ein großerStein, den eine explodierende 
Granate auf unser Dach schleuderte? Wir haben Glück 
gehabt! Ein kleinkalibriges Schrapnell aus der Richtung 
Pta. Corbin ist in einen starken Balken gefahren und dort, 
ohne zu explodieren, stecken geblieben. Wie mag es wohl 
dem gestern der 1. Komp, zugeteilten Feldjägerleutnant 
i. d. R. Jaroslav K I o f a c gehen? Er ist der Sohn des be 
kannten tschechischen Politikers, von dem man spricht, daß 
er wegen Hochverrat interniert wurde. Wer kann es uns 
verargen, daß wir seinem Sohne gegenüber eine gewisse 
Reserve an den Tag legen? Wer darf uns schelten, daß 
unser Innerstes es nicht vermag, das Mißtrauen zu bannen,
	        
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