Der Dreißigjährige Krieg hatte Brandenburg besonders ver¬
heert. Umso mehr suchte sein Volk nach einem Halt und Mittel¬
punkt, wie sie allein ein starker Herrscher zu geben vermochte. In
dem Großen Kurfürsten war der Anfang gemacht worden, der
doch zuletzt keinen Gewinn eintragen konnte. Friedrich I. hatte
äußerlich das Ansehen seines Staates durch Erwerbung der
Königskrone vermehrt; sie mußte ein Schemen bleiben, wenn der
Staat sich keine Machtmittel schuf, um sie zu bewahren. Der
Sohn und Enkel erkannte das wohl und machte sich an die Titanen¬
arbeit. So wurde Friedrich Wilhelm I. nicht nur zum Soldaten¬
könig, sondern auch zum Schöpfer der preußischen Infanterie.
Ein anhaltischer Fürst stellte sich ihm mit Rat und Tat zur
Seite: Leopold von Anhalt-Dessau. Schon im spanischen Erb¬
folgekrieg hatte er brandenburgisch-preußische Truppen bei Höch-
städt und Turin zum Siege geführt; Prinz Eugen, des Deutschen
Reiches großer Feldherr, lobte das Brandenburger Fußvolk vor
allen anderen, hatte es ihm doch zu manchem Sieg verholfen.
Anno 1702 war's bei Kaiserswerth so geschehen. Fest ver¬
schanzt lag der Feind auf der Rheininsel und spottete jedes An¬
griffs. Da setzte sich der junge Deffauer vor seine Infanterie.
„Mir nach, Kerls!" rief er mit hallender Stimme. „Und wenn
manche auch absaufen sollten, herüber müssen wir!"
Die Franzosen überschütteten die Brandenburger mit wildem
Feuer; das traf um so besser, da die langsam fahrenden Boote
kaum einen Schutz gewährten.
Doch war es Fußvolk, wie es fein soll: aus hartem Holz ge¬
schnitzt und von unbändigem Siegeswillen erfüllt. Sie bissen die
Zähne zusammen, achteten nicht auf die Toten und Verwundeten,
so nahe sie ihnen auch lagen, und kamen langsam dem Inselufer
näher.
Wieder war es der Deffauer, der den Strand als erster be¬
trat. Unter besonderem Schutz des Himmels schien er zu stehen,
denn ob ihn die Kugeln auch streiften, Hut und Rock durchlöcherten,
nicht eine von ihnen traf ihn gefährlicher.
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