Volltext: Alt-Wiener Kulturbilder [322/323]

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ein Doktor der Medizin, „daß Sie schon an drei Sonntagen 
weniger Gäste haben? Von den höheren Beamten kommt 
kein einziger mehr. Mich geniert der Kaiser nicht, ich bin ein 
unabhängiger Mann, aber so viele andere Herren, besonders 
die Hofangestellten, wollen es vor dem Monarchen nicht kund— 
geben, wenn sie bei Herrn Jahn manchmal über die Schnur 
hauen.“ 
sum Geierl“ rief Jahn, „auf diese Weise vertreibt mir 
der Kaiser meine Gäste! Ja, ja, es ist wahr, ich hatte sonst 
an Sonntagen wenigstens ein Dutend Tische mit Hof-, 
Regierungs-, Justiz⸗ und Magistratsräten besetzt und nun 
bleiben die Herren weg. Das geht nicht. Ich will es Seiner 
Majestät vorstellen. Ich kann mein Leben dem Kaiser opfern, 
aber meine Gäste opfere ich ihm. nicht.“ — „Seien Sie vor— 
sichtig,“ riet der Doktor, „Sie könnten Seiner Majestät 
Geneigtheit verlieren.“ — „Der Kaiser hat nichts lieber als 
die Offenherzigkeit,“ erwiderte Jahn, „er hat mir noch nie 
ein freimütiges Wort, übel genommen.“ 
Als Jahn am nächsten Sonntag den Kaiser wieder heran— 
kommen sah, eilte er ihm von weitem entgegen. „Ist Herr 
Krauthauf wieder unter den Gästen?“ fragte der Kaiser, 
„wenn er hier wäre und etwa noch einmal die Absicht Hhätte, 
auf meine Gesundheit zu trinken, so würde ich den Saal 
lieber nicht besuchen.“ — „Nein,“ entgegnete Jahn, „Herr 
Krauthauf ist nicht hier, aber dessenungeachtet flehe ich 
Eure Majestät an, die Speisesäle nicht zu betreten.“ — 
„Warum?“ fragte der Kaiser und sah den Wirt mit. großen 
Augen an. „Wenn Eure Majestät es nicht ungnädig nehmen, 
so sage ich es unverhohlen. Wenn Höchstdieselben unter meinen 
Gästen herumgehen, so bleiben sie mir aus. Die Leute trauen 
sich nicht zu essen und zu trinken, wenn der Monarch unter 
ihnen ist.“ —„Ich freue mich aber, daß deine Gäste hier ver⸗ 
gnügt sind.“ — „Die Leute bekommen vor Ehrfurcht und 
dochachtung Herzklopfen und das reimt sich mit Essen und 
Trinken nicht zusammen. Daher bitte ich Eure Majestät fuß— 
fällig, mustern Eure Majestät meine Gäste nicht mehr.“ Der 
Kaiser lachte. „Dieser Fall ist mir neu,“ sagte er, „du ver— 
bietest mir gleichsam, das Gebäude zu betreten, das mein ist 
und das ich dir unentgeltlich überlassen habe in der Absicht, 
dein Glück zu begründen.“ — „Das kann ich aber nicht 
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