Volltext: Alt-Wiener Kulturbilder [322/323]

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dieser Fächer zu befriedigen; selbst gemeine Weiber, Fiake— 
rinnen, Hökerinnen, Obstweiber mußten Fächer à la Vigano 
besitzen. Als Löschenkohl den Gewinn zusammenzählte, hatte 
er noch einmal so viel eingenommen, als Madame Vigano 
durch ihre Kunstleistungen. Sie trug 4000 Dukaten aus Wien 
fort, Herrn, Löschenkohl brachte seine Spekulation 36.000 fl. 
ein; der Mann stand wieder glänzend da. **8* 
Bei solchem Interesse, wie es die Bewohner der Residenz 
an der berühmten Tänzerin nahmen, war es begreiflich, daß 
Kleider, Schürzen, Hüte, Häubchen, Mantillen, Girlanden, 
Blumen, Handschuhe, Strümpfe, Schuhe à la Vigano außer— 
ordentlichen Absatz fanden. Die Damen gingen so weit, daß 
sie die Künstlerin bestürmten, ihnen die Überröcke, die Kleider 
usw., welche sie im Hause oder in Gesellschaften trug, zu 
borgen, um darnach die Schneider und Modistinnen arbeiten 
zu lassen, und daß eines Tages Madame Vigano im Kostüm des 
„Waldmädchens“ zu Hause zu bleiben gezwungen war, weil 
sie ihre gesamte Garderobe ausgeliehen hatte, um es mit den 
vielen Damen, die sie um Muster zu ihren Toiletten ersuchten, 
nicht zu verderben. 
Es gab auch alle möglichen Speisen und Zuckersachen à Ia 
Vigano. Fasanen, Schnepfen, Rebhühner, Ragouts, Fische 
mußten à Ia Vigano zubereitet werden, das heißt, so wie es 
dem Publikum weißgemacht wurde, daß sie bei ihr auf die 
Tafel kämen. 
In einem Bierhause auf dem Hohen Markt „Zur Wild— 
gans“ las man sogar auf dem Speisezettel „Rostbraten mit 
Knoblauch à lIa Vigano“. Dem Volksschriftsteller Richter, der 
diese Bezeichnung tadelte und dazu bemerkte, daß ein so 
ätherisches Wesen wie diese Tänzerin nie eine so ordinäre 
Speise essen, ja nicht einmal dem Namen nach kennen würde, 
erwiderte der Wirt, „daß es ihm nie eingefallen, zu behaupten, 
daß die feine Frau Vigano Rostbraten mit Knoblauch zu 
speisen vermöchte; wenn sie es aber doch imstande wäre, so 
würde sie gewiß keine anderen zu sich nehmen als die K la 
Viganorc. 
Die Bewunderung der Vigano hielt lange unveränder— 
lich an, als plötzlich im Josefstädter Theater unter der 
Direktion des Karl Mayer eine junge, schöne Tänzerin auf— 
trat, die sich ebenfalls Vigano nannte. Sie hatte das Glück,
	        
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