Volltext: Der Feldzug im Baltikum bis zur zweiten Einnahme von Riga

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Märzoffenstve in Kurland 
„Zu Beginn des Jahres 1918 hatte ich als Führer der 1. Eskadron 
Husaren-Regiments 16 mit meiner Eskadron in der südlichen Vorstadt 
von Riga gelegen. Die örtlichen Verhältnisse und die aus ihnen sich er¬ 
gebenden Möglichkeiten und Schwierigkeiten hinsichtlich eines Vorstoßes 
auf Riga waren mir daher genau bekannt. Als wir von Tuckum aufbrachen 
fror es, fast ohne Schneedecke, 17 Grad. Wenn man vor der Schnee- oder 
Eisschmelze Riga nehmen konnte, bedeutete das eine große Erleichterung der 
Operation. Es kam daraus an, die 800 Meter lange Düna-Drücke und 
' eine daneben errichtete Behelfsbrücke zu forcieren. Mißlang der Handstreich, 
so saß man vor dem stärksten Fronthindernis, vor der Düna, mit dem 
Tirnl-Sumpf im Rücken, fest. Unter diesen Umständen bedeutete es eine 
große Chance, wenn man über den steifgefrorenen Tirnl-Sumpf und vor 
Riga mit Schwarmlinien oder einzelnen Schützen von Thorensberg aus 
über das Eis gelangen konnte. Setzte erst Tauwetter ein und mit ihm Eis¬ 
gang, so war es bei einigermaßen geschickter Verteidigung dem Gegner ein 
leichtes, den Übergang über die Brücken zu sperren oder durch Sprengung 
der Brücken den Vormarsch der Landeswehr zum Stehen zu bringen. 
„Der von der Landeswehr geschlagene und zersprengte Gegner war in 
südöstlicher Richtung zurückgegangen, wo er in Gegend Doblen von der 
vormarschierenden Eisernen Division gepackt werden mußte. An der Aa 
standen aus Riga vorgeschobene, nicht sonderlich starke bolschewistische Kräfte 
bei Schlock und Kalnzem, nach deren Überwältigung der Weg auf Riga 
freigeworden wäre. Riga selbst konnte nur schwach besetzt sein. Stärkere 
Kräfte der Bolschewisten standen der Garde-Reserve-Division bei Janischki 
gegenüber. Mitau mußte in kurzer Zeit der Eisernen Division als reife 
Frucht zufallen, nachdem der Gegner in diesem Abschnitt wie auch nördlich 
von der Baltischen Landeswehr bereits wiederholt geschlagen war und 
teilweise in Auflösung nach Osten zurückging." 
Gras Eulenburg fügt hinzu, daß angesichts der schon im März drohenden 
Gefahr eines Verbotes weiteren Vorgehens durch die Entente Eile geboten 
war. „Die Zeit arbeitete nicht für, sondern gegen uns. Jede Verzögerung 
stärkte nur die Kräfte der Gegner. Jeder Tag des Wartens bedeutete den 
Verlust wertvoller Menschenleben in Riga. Die Zahl der Verhaftungen und 
Erschießungen in der Zeit bis zum 22. Mai ist ungeheuer groß gewesen. 
Ob man alle Gefangenen hätte retten können, ist schwer zu sagen. Ebenso 
wie 1918 und am 18. März 1919 bei Mitau blieb den Roten immer noch 
so viel Zeit, einen Teil der Gefangenen zu erschießen oder zu verschleppen. 
Die Erfahrung des Jahres 1918 hatte mir andererseits gezeigt, wie viele 
Menschenleben ein schneller Vormarsch retten konnte."
	        
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