Volltext: Der Feldzug im Baltikum bis zur zweiten Einnahme von Riga

Di« 1. Garde-Reserve-Division 
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Burschen nachts durch die Bolschewiken reiten zu einer entfernten Ab¬ 
teilung, um am nächsten Tage pünktlich die Freiwilligen mit geliehenen 
Geldern löhnen zu können. Der einzelne Mann durfte nie die Frage aus¬ 
werfen können, woher der Führer das Nötige nahm. Die Freiwilligen 
waren darin wie gläubige Kinder zu einem sorgenden Vater. 
„Alle diese Gläubigen hingen mit geradezu wütender Treue am Freikorps¬ 
führer. Hatte er ihnen doch im Sumpf der Novemberrevolte Halt und Ziel, 
männliches Bestehenkönnen auf einem neuen, die Ostgrenze schützenden 
Schlachtfeld gegeben. Eine Gefahr hatte dieses äußerste Führerprinzip. Fiel 
der Führer, so war das Freikorps ins Herz getroffen. Einem anderen 
Manne hatten die Freiwilligen nicht geschworen. Ein neuer Führer mußte 
um das Vertrauen jeder Seele ringen. Am besten war der neue Führer 
ein Offizier, der von Anfang im gleichen Freikorps war. Der Fremde 
blieb fremd, weil er die Truppe nicht vom ersten Ansatz mitgebaut, mit 
seiner Seele durchtränkt hatte. 
„Dies war nicht militärische Disziplinlosigkeit, wie manchmal behauptet 
wurde. Diese eigenartige Vertrauensstellung des Führers rührt daher, daß 
ein Freikorps keine gezogenen Leute hat, sondern im kleinen der erste Ansatz 
einer Volkserhebung ist, Volksheer im wahrsten Sinne des Wortes." 
So ideal diese Einstellung gedacht war, so groß waren die Schwierig¬ 
keiten, die sich aus diesem Verhältnis für die Führung ergaben. Insbeson¬ 
dere erklären sich aus der restlosen Einstellung auf den Führer die ungewöhn¬ 
lichen Schwankungen in den Leistungen derselben Truppe und das manchmal 
unvermeidliche Eingehen auf Wünsche und Eigenart der Untergebenen, das 
in einer Armee mit alter Überlieferung und Disziplin nicht in Frage kommt. 
Von den Verbänden des Korps war die 1. Garde-Reserve- 
Division in ihrem Wiederaufban am weitesten fortgeschritten. In ihr 
hatten sich unter dem letzten Kriegskommandeur, Generalmajor Tiede, fast 
ausschließlich kampfgewohnte Soldaten der alten Garde-Regimenter zu¬ 
sammengeschloffen. Der Divisionskommandeur selbst war ein in vielen 
Schlachten erprobter Feldsoldat, der schon im Jahre 1915 an der Loretto- 
Höhe den Orden pour le naerite erhalten und auch jetzt noch durch seine 
persönliche Haltung hervorragenden Einfluß auf die Truppe hatte. Die 
Division besaß in dem Hauptmann von Rabenau einen bewährten General¬ 
stabsoffizier. Sie umfaßte außer den nach ihrer alten Kriegsgliederung 
zu ihr gehörigen Truppen^) eine Reihe von Freiwilligen-Formationen 
‘) Die Wiederaufstellung des Garde-Reserve-RegimentS 64 zog sich länger hin, so 
daß dieses Regiment erst nach der Offensive auf Mitau nach Kurland gelangte.
	        
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