Volltext: Der Feldzug im Baltikum bis zur zweiten Einnahme von Riga

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passierte es sogar, daß die Stallwache nachts mit einem Krümperwagen 
und den beiden besten Wagenpferden durch ein Tor, das vom Stall unmittel¬ 
bar auf die Straße führte, auf und davon ging. Am nächsten Morgen 
hatten wir das Nachsehen. 
„Etwas Sonderbares war die Art der Verpflichtung; es war 
sozusagen ein gegenseitiger Vertrag zwischen mir als Führer und den Frei¬ 
willigen. Diesem zufolge konnte der Freiwillige nach einer bestimmten Zeit 
den Vertrag kündigen und die Truppe verlassen; er hatte ferner nach drei 
Monaten Anspruch auf einen 14tägigeu Urlaub ... 
„Andererseits mußte er in irgendeiner Form verpflichtet werden. Den 
alten Fahneneid gab es nicht mehr. Eine Vereidigung auf die Volksbeauf¬ 
tragten kam für mich nicht in Frage ... 
„Die Mannschaften wurden daher auf meine Person verpflichtet, ein 
geradezu mittelalterlicher Vorgang, der nur durch die Verhältnisse zu erklären 
ist. Wie genau die Leute es aber mit ihrem »Fahneneid« auf meine Person 
nahmen, zeigen die vielen Desertionen und der erwähnte Pferdediebstahl. 
„So bestanden die ersten Wochen aus einem ewigen Wechsel, unter dem 
die Ausbildung sehr litt, zumal ich es aufgegeben hatte, nur solche Leute 
zu nehmen, die bereits Kavalleristen gewesen waren. Ein beträchtlicher Teil 
mußte überhaupt erst reiten lernen; zum Reiten mit der Lanze reichte die 
Zeit nicht aus, sie wurde daher nicht mitgenommen. In den Maschinen¬ 
gewehrzug kamen nur alte Maschinengewehrschützen. Es meldeten sich so 
viele, daß ich als Richtschützen Unteroffiziere einteilen konnte, die im Felde 
bereits Züge geführt hatten. 
„Da es unmöglich war, bei dem fortgesetzten Wechsel jeden einzelnen 
Mann kennenzulernen, machte ich die Züge bis zu einem gewissen Grade 
selbständig. Die Führer wurden verantwortlich für die Ausbildung und die 
Aufsicht über Mann und Pferd. 
„Nach etwa drei Wochen Abteilungsreiten und Kasernenhofdienst zog die 
Eskadron fast täglich zum Exerzieren nach dem Tempelhofer Feld. Das 
Schwadronsexerzieren nach Vorkriegsmuster hatte lediglich den Zweck, die 
Disziplin zu fördern. Ein Anpfiff zu Pferde wird ja auch sehr viel weniger 
krumm genommen als zu Fuß. Ende Februar war herrlichstes Frühlings¬ 
wetter, so daß das Exerzieren den Dragonern auch in dieser Beziehung 
Freude machte. 
„Ein besonderes Vergnügen war es, wenn uns die Regimentsmusik mit 
Kesselpauken vom Tempelhofer Feld abholte. Eine Eskadron, mit dem 
Stahlhelm auf dem Kopf, mit der Regimentsmusik an der Spitze hat denn 
auch jedesmal beträchtliches Aufsehen bei der Berliner Bevölkerung hervor-
	        
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