Die digitale Landesbibliothek Oberösterreich

I. Die Entwicklung der Lage in Nordlitauen und 
Kurland im Januar und Februar 1919. 
Karte 1, Skizze 2. 
Der Entschluß zum Schutz des Reichsgebiets vorwärts der deutschen Grenzen. 
Um die Mitte des Januar 1919 war die deutsche 8. Armee aus dem Bal¬ 
tikum verschwunden. Ein Entschluß mußte und konnte gefaßt werden, ob 
der Schutz des Reiches gegen den vordringenden Bolschewismus an die 
deutsche Grenze zurückzuverlegen oder vorwärts derselben durchzuführen sei. 
Was an Truppen überhaupt vorhanden war, hatte durch den Rückzug hinter 
die Windau und das zögernde Folgen der Russen eine gewisse Bewegungs¬ 
freiheit, die Führung die Möglichkeit der Entscheidung für das eine oder 
andere Verfahren gewonnen'). 
Für die Zurückverlegung sprachen zu dieser Zeit nur die außerordent¬ 
liche Schwäche der in Kurland und Nordlitauen verbliebenen Truppen — 
befanden sich doch in Kurland und Nordlitauen außer dem an der Bahn 
Tauroggen—Schauten flehenden Detachement Randow (etwa 500 Mann) 
nur die Postierungen der Eisernen Brigade (450 Mann) und der Baltischen 
Landeswehr (1200 Mann) am Windau-Abschnitt und hinter diesen das 
Gouvernement Libau mit seinen schwachen und unzuverlässigen Verbänden 
(etwa 1500 Mann) — und die kürzeren Verbindungen, dagegen die offen¬ 
bare Gefahr, die bei den in Deutschland und insbesondere auch in Ost¬ 
preußen herrschenden Zuständen durch das Erscheinen bolschewistischer 
Streitkräfte an der Reichsgrenze ausgelöst werden mußte. Die militärische 
Schwäche des Sowjetstaates war auf deutscher Seite nicht in vollern Um¬ 
fang erkannt, wohl aber war man sich der eigenen Machtlosigkeit voll 
bewußt. 
Um fo bemerkenswerter ist die Tatsache, daß der Entschluß zum Aus¬ 
harren an der Windau aus der Truppe heraus selbständig, auf Veran¬ 
lassung des Generalstabsoffiziers der Eisernen Brigade, Hauptmanns Biese, 
gefaßt worden ist. Für viele sprach dabei der Wunsch mit, die schwer be¬ 
drängten baltischen Volksgenossen nicht im Stich zu lassen, während andere 
-) 23b. I, S. 154 f. 
Forschungsanft, f. Kriegs- u. Heeresgesch.: Darstellungen a. d. Nachkriegskämpfen. 
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