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Die Befreiung Rigas
Kaum ist dies der Fall, da eilen Hauptmann von Medem und der Sto߬
truppführer Hans von Mantenffel mit einem Geschütz und wenigen Leuten
durch die Altstadt nach der Zitadelle, wo die Masse der baltischen Ge¬
fangenen schmachtet. Kurz vor Erreichung des Ziels trifft ein Schuß den
Baron von Manteuffel; er ist im Augenblick des Sieges sofort tot. Aber
das Befreiungswerk hat Erfolg. Mit Beil und Handgranaten werden die
Türen gesprengt. Die Bolschewisten fliehen. Sie haben nicht mehr Zeit
gefunden, die Gefangenen zu töten oder zu verschleppen. So waren die
' Opfer des bolschewistischen Terrors frei nach z. T. monatelanger, qualvoller
Gefangenschaft. Ein Ziel war erreicht, für das es sich lohnte, den letzten
Hauch von Mann und Roß daranzusetzen. Das alte Danklied klang mit
Recht zum Himmel.
Inzwischen war der Kampf um die Düna-Brücken weitergegangen. Ein
Versuch, die Brücken zu sprengen, wurde im letzten Augenblick verhindert.
Um 12° traf, seinen Truppen im Kraftwagen vorauseilend, Major gleicher
an der Brücke ein und übernahm persönlich die Führung. Zu ihm ge¬
sellten sich gegen 2" Hauptmann von Jagow vom Generalkommando
und bald darauf auch der Kommandeur der Eisernen Division, Major
Bischoff, der seiner Truppe ebenfalls im Kraftwagen vorausgefahren war.
Allmählich gelang es, mit Hilfe der eintreffenden Teile des Gros den feind¬
lichen Widerstand zu dämpfen. Die Häuserschützen und die vor allem in
den planmäßig für den Straßenkampf vorbereiteten Eckhäusern ausgestellten
Maschinengewehre wurden unschädlich gemacht, die Verbindung mit der
Zitadelle aufgenommen und die Straßenzüge gesäubert. Hierbei spielten
sich am Hauptbahnhof und auch in der Mitaner Vorstadt noch schwere
Kämpfe ab, in die allmählich auch die vordersten Abteilungen der Eisernen
Division eingriffen. Mit Einbruch der Dunkelheit war das Weichbild der
Stadt fast restlos in deutscher Hand. Eiserne Division und Landeswehr
hatten die ihnen zugewiesenen Abschnitte besetzt.
Damit war eine der schönsten Waffentaten deutschstämmiger Truppen
glücklich zu Ende geführt. Schnelligkeit, Umsicht, Wagemut waren von
Führern und Truppen in ganz hervorragender Weise an den Tag gelegt
worden. Neben dem Führer der Landeswehr und seinem Vorhutführer hatte
in den Reihen der Batterie Medem auch Leutnant der Reserve Schlageter,
der spätere Märtyrer des Ruhrkampfes, an der Eroberung der Düna-
Brücken mit seinem Geschütz entscheidenden Anteil genommen und seinen
Taten aus dem Weltkrieg ein neues Ruhmesblatt eingefügt.
Außer der Kämpfer vom Dünastrande muß aber auch der anderen vielen
Angehörigen der Landeswehr gedacht werden, die an weniger sichtbarer
Stelle ihre Pflicht getan hatten.