Die Libauer Freiwilligen-Bataillone
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diesem Zweck waren sie unter dem aktiven Major Götze zu einem Regiment
zusammengefaßt worden. Die beiden am schlimmsten verwahrlosten
Bataillone 6 und 9l) erhielten aktive Kommandeure. Ehe jedoch die Be¬
mühungen dieser Offiziere, Ordnung, Disziplin und Korpsgeist wieder¬
herzustellen und auch das Offizierkorps von ungeeigneten Elementen zu
reinigen, Erfolg haben konnten, brach bei dem Freiwilligen-Bataillon 6 die
offene Meuterei aus.
Bei diesem hatte der Führer der Maschinengewehr-Kompanie, Leutnant
Weber, einen Vertrauensmann entlassen, weil er sich verschiedene Ver¬
fehlungen hatte zuschulden kommen lassen und eine Hetzschrift gegen den
Kommandierenden General verlesen hatte, in der zum Schluß zur An¬
wendung von Waffengewalt ausgesordert wurde. Da sich die Kompanie,
verhetzt durch einen zweiten Vertrauensmann, sür den Entlassenen aus¬
sprach, hatte der Kompanieführer allen Mannschaften gekündigt mit dem
Erfolg, daß sich nun alle Unteroffiziere und ein Teil der Mannschaften auf
die Seite des Kompanieführers stellten.
Damit war die Angelegenheit an sich erledigt, und es erübrigte sich nur,
die widersetzlichen Elemente abzuschieben. Ehe dies aber möglich war, be¬
mächtigte sich der Soldatenrat des Gouvernements der Sache. Er verlangte
in einem noch nicht zweistündig befristeten Ultimatum die Entlassung des
Kompanieführers. Als das Gouvernement lediglich eine Untersuchung der
Angelegenheit zusagte, berief der Soldatenrat eine Vertrauensmänner¬
versammlung ein, die nunmehr eine vieruudzwauzigstündige Beurlaubung
des Leutnants Weber forderte.
Am 3. April versuchten die Führer des Soldatenrats, Leutnant Quer
und Offizier-Stellvertreter Neumann, neuerdings die Entlassung Webers
und das Bleiben der ganzen Kompanie durchzudrücken. Die Untersuchung
hatte aber ergeben, daß Leutnant Weber vollkommen im Recht gewesen war.
Der Gouverneur blieb infolgedessen fest und ließ dem L>oldatenrat mit¬
teilen, daß weder eine Dienstenthebung noch eine Entlassung des Leutnants
Weber in Frage komme.
Inzwischen hatte sich aber beim I. Bataillon folgendes abgespielt: Als
Leutnant Schwarz auf Befehl des Regimentskommandeurs die ent¬
lassenen Mannschaften an die Bahn bringen wollte, war er von den Ver¬
trauensleuten der Maschinengewehr-Kompanie verhaftet worden. Damit
war aus dem versteckten Widerstand offene Meuterei entstanden. Graf
von der Goltz mußte durchgreifen oder den Kampf mit dem Soldatenrat auf-
*) = I. und II. Bataillon Regiments Libau.