Volltext: Der Feldzug im Baltikum bis zur zweiten Einnahme von Riga

Verhältnis zu den Entente-Staaten 
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wirtschaftlichen Werte und seine Bedeutung als Brücke für den eines Tages 
wieder erwachenden Handel mit Rußland. Hierbei mußte ein deutsch ein¬ 
gestellter Lettenstaat störend, ein sich auf England stützender vorteilhaft sein. 
Daraus ergab sich bei aller äußeren Korrektheit des Auftretens ohne weiteres 
die deutschfeindliche und lettenfreundliche Haltung der Abordnung, die von 
der Ullmanis-Regierung von Anfang an mit unleugbarem Geschick aus¬ 
genutzt wurde. Daß die Deutschen mit ihrem Kampf gegen den Bolsche¬ 
wismus auch allgemein menschliche, europäische Belange vertraten und die 
damals noch im Gange befindlichen antibolschewistischen Unternehmungen 
der ententefreundlichen Sowjetgegner erleichterten, diese Überlegung trat 
offenbar gegenüber dem engherzigen Jntereffenstandpunkt dieser Geschäfts¬ 
leute zurück. 
Einen sehr viel großzügigeren Standpunkt nahm allen diesen Fragen 
gegenüber die amerikanische Kommission des Oberstleutnants Greene ein, 
aber das Interesse ihres Landes an den baltischen Vorgängen war gering. 
Die Kommission konnte daher wohl in manchen Fällen vermitteln, aber 
den Gang der Dinge nicht entscheidend beeinflussen. 
Die Gesamtheit dieser Verhältnisse zwang den Kommandierenden 
General und Gouverneur von Libau, sich dauernd neben seinen militä¬ 
rischen Aufgaben mit politischen Fragen schwierigster Art zu beschäftigen 
und band ihn an fein weit hinter der Front gelegenes Hauptquartier Libau. 
Da der eigentliche Gesandte, Winnig, gleichzeitig Oberpräsident der Provinz 
Ostpreußen und als solcher in Königsberg festgehalten war, fiel die Ver¬ 
mittelung bei der lettischen und in gewissem Sinne auch bei der Reichs¬ 
regierung dem Geschäftsträger Dr. Burchard zu, eine Aufgabe, der sich 
dieser in vollem Einvernehmen mit dem Generalkommando widmete. 
Zustände im eigene« Lager. 
Weitaus die wichtigste und brennendste Frage war die Bereinigung der 
Verhältnisse im eigenen Lager. Der Zustand, daß der Kommandierende 
General, während seine Truppen an der Front Krieg führten, sich in Libau 
mit dem Soldatenrat der roten Besatzung und den taufenden bewaffneter 
lettischer Arbeitsloser herumschlagen mußte, war vollkommen unhaltbar. 
Die Freiwilligen-Bataillone 6 und 9 stellten am 25. März dem Gouver¬ 
neur durch den Soldatenrat ein regelrechtes Ultimatum. Sie forderten 
darin u. a. die Lieferung bestimmter Gegenstände bis zum 1. April sowie 
ein Verbot des gemeinschaftlichen Essens der Offiziere und drohten mit 
Kündigung. Außerdem tauchte erneut die Frage der Anerkennung des 
Libauer Soldatenrats als „Zentralsoldatenrat für Lettland" auf, in die sich
	        
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