Volltext: Die politischen Kämpfe um den Frieden (1916 - 1918) und das Deutschtum

Die V-Boot-Waffe und das Risiko der Fortsetzung des Krieges 23 
druck des abgeschlagenen deutschen Durchbruchversuches bei Verdun und 
hoffte auf einen durchschlagenden Erfolg der geplanten Frühjahrsoffensive 
mit den noch vorhandenen eigenen und englischen Reserven. Der Schrecken 
über Wilsons Friedensappell, den man anfangs für eine Unterstützung 
deö Angebots vom 12. Dezember gehalten hatte, ging ebenso rasch vorüber 
wie er gekommen war, nachdem der Botschafter der Vereinigten Staaten, 
Sharp, am 23. Dezember Jules Cambon der Franzosenfreundschaft des 
Präsidenten versichert und den Zweck der Kundgebung vom 18. Dezember 
erläutert hatte. Auch Grey würde unter diesen Umständen dem Bundes¬ 
genossen nicht gesagt haben, waö er ihm eigentlich hätte mitteilen sollen. 
Dem neuen Premierminister mußte, nachdem er sich für die politische Ver¬ 
nichtungsstrategie des knock out entschieden hatte, vor allem daran liegen, 
mit Hilfe der noch ungebrochenen kriegerischen Entschlossenheit Frankreichs 
das Risiko zu überwinden. 
Der Verfasser der „War Memoirs“ will zu einer Politik, deren Früchte 
er später selbst aufs schärfste kritisierte, durch die deutsche Politik gezwungen 
worden sein. In den am 31. Januar 1917 House vertraulich mitgeteilten 
deutschen Friedensbedingungen, die er als Beweisstück in seinem Kapitel 
über die Friedensnoten Deutschlands und WilsonS zum Schlüsse wörtlich 
abdruckt, war jedoch ein solcher Zwang nicht enthalten. Wäre es damals 
zu Verhandlungen gekommen, so wären sie an einer größeren Annäherung 
an den 8tatu8 quo ante auf deutscher Seite gewiß nicht gescheitert. Ein 
absoluter Zwang zum Einsatz der letzten Reserve lag nur für den Vierbund 
vor, nachdem die Alliierten am 12. Januar ihre Kriegsziele genannt hatten. 
Von Zwang in diesem Sinne kann bei Lloyd George nicht die Rede sein. 
Sein Beweggrund war in erster Linie eine noch aus der Vorkriegszeit 
stammende englische Zwangsvorstellung. Der Vierbund hatte dagegen nach 
dem i2. Januar nur die Wahl zwischen Fortsetzung des Krieges mit Ein¬ 
satz der letzten Reserve oder Annahme der Bedingungen der Alliierten. 
Lloyd George hätte sich, wenn auch nicht ohne eine schwierige völlige Um¬ 
stellung der englischen Politik auch für den Frieden entscheiden können, 
zumal er selbst an durchschlagende Erfolge zu Lande nicht recht geglaubt 
hat. Man kann es daher verstehen, daß er heute einer Beantwortung der 
an beide Mächtegruppen gestellten Frage ausweicht, weil sein für zwei 
weitere Kriegsjahre und für das Versailler Diktat maßgebender Entschluß 
einen hazardmäßigen Charakter trägt, aber man versteht auch, weshalb 
er es unterlassen hat, an der Hand der Kriegsakten und der 1931 veröffent¬ 
lichten amerikanischen Akten den Nachweis zu führen, daß sein Entschluß
	        
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