Volltext: Die politischen Kämpfe um den Frieden (1916 - 1918) und das Deutschtum

Die II-Boot-Waffe und das Risiko der Fortsetzung deS Krieges 17 
der Anregung eines Friedensangebotes erst den amerikanischen Friedens¬ 
appell und sein Echo abwarten. Seine von Burian nicht verstandenen 
dunklen Andeutungen der Anregung in Washington hatten jedenfalls nicht 
diesen Charakter. Indem er nach eingeholter kaiserlicher Genehmigung sich 
auf Verhandlungen über Burians Vorschläge einließ und indem er nicht 
einmal den Versuch machte, das schließlich vereinbarte Friedensangebot 
wenigstens solange zurückzuhalten, bis Wilson seiner Anregung entsprochen 
hatte, verwandelte er einen Schritt, der verhüten sollte, daß die Friedens¬ 
geneigtheit des Vierbundes als Zeichen der Schwäche gedeutet werde, in 
ein verhängnisvolles Geständnis der Schwäche. Lloyd George meint in 
seinen Erinnerungen, das Angebot des 12. Dezember 1916 habe durch 
Vorwegnähme des Friedensappells Wilsons Eitelkeit verletzt. Stärker als 
das persönliche, ist doch wohl daö sachliche Moment gewesen, daß die 
Regierung der Vereinigten Staaten geradezu darauf hingewiesen wurde, 
welche Stelle der belagerten Festung des Vierbundes sturmreif geworden 
war. Die Passiva Österreich-Ungarns, seine staatliche Schwäche und Brüchig¬ 
keit, hatten sich in „The ramshackle Empire“, wie Lloyd George die 
Donaumonarchie nannte, schon seit Kriegsbeginn geltend gemacht. Als 
aber Tisza einen Tag nach dem Angebot des 12. Dezember die Initiative der 
Monarchie im ungarischen Reichstag öffentlich rühmte, verriet er damit, daß 
die deutsche Reichsleitung unter dem Drucke des Verbündeten und seiner Pas¬ 
siva den am 14. Oktober eingeschlagenen Weg zum Frieden verlassen hatte. 
Der Druck der Passiva wird sich vielleicht urkundlich noch genauer fest¬ 
stellen lassen, wenn die Berichte der deutschen Botschaft in Wien (wo Graf 
Wedel seit dem i. November den erkrankten Tschirschky vertrat) und die 
Berichte Hohenlohes auö Berlin vollständig der historischen Forschung 
zugänglich gemacht werden. Daran reiht sich als weiteres historisches Po¬ 
stulat die Freigabe der Berliner und Wiener Akten über die Entstehung 
der Autonomieerklärung Russisch-Polens vom 5. November wegen ihrer 
Verquickung mit der Genesis des Friedensangebotes. An Murets Dar¬ 
stellung rächt sich nicht nur die Tendenz, sondern auch die Ignorierung 
der gedruckten deutschen Akten. Auö dem Telegramm Wilhelms II. an 
Franz Joseph vom 1. November 1916 geht hervor, daß dessen Antwort 
vom 5. November nicht genau wiedergegeben sein kann und als letztes 
Dokument der Zweibundpolitik Franz Josephs wörtlichen Abdruck verdient. 
Wir wissen noch nicht, in welchem Stadium sich die Verhandlungen der 
beiden Regierungen über die Autonomieerklärung befanden, als Burian 
seinem Monarchen am 28. September 1916 seinen Plan eines Friedens- 
Fester, Politische Kämpfe 
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