Volltext: Die politischen Kämpfe um den Frieden (1916 - 1918) und das Deutschtum

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Erstes Kapitel 
Maurice Muret hat jedoch dessen Zusammenarbeit mit Opovensky enthüllt. 
Vermutlich ist Muret ihm schon in der Kriegszeit nähergetreten, als er im 
„Journal des Debats“ 1916 den Schweizer Bundesrat angriff und die 
„Gazette de Lausanne-' ganz in den Dienst französischer Kriegs¬ 
propaganda stellte. 
So willkommen dem Historiker die Ergänzung der Akten des deutschen 
Auswärtigen Amtes durch Akten des Ballhausplatzes ist, so wird er sich 
doch von der Aktenauswahl Beneschs und seiner Helfer und von ihrer 
Verknüpfung der Begebenheiten nicht beeinflussen lassen. Denn das histo¬ 
rische Urteil über die damaligen Führer der Völker hat nicht von der isolie¬ 
renden Betrachtung einzelner Schachzüge, sondern von der Weltlage Ende 
1916 auszugehen. Beide Mächtegruppen sahen sich vor die Alternative 
gestellt: Friede oder Fortdauer des Weltkrieges unter Einsatz der letzten 
deutschen Reserve. Die Frage lautet: hat innerhalb jeder der beiden Mächte¬ 
gruppen eine offene Aussprache über jene Alternative stattgefunden oder 
nicht? Für den Vierbund muß dies schon jetzt verneint werden. Nach 
Benesch hat der österreichisch-ungarische Botschafter in Berlin, Prinz 
Hohenlohe, am 10. Dezember 1916 gemeldet, die deutsche Heeresleitung 
bereite für den Fall des Mißlingens des bevorstehenden Friedensangebotes 
als letzte Waffe den verschärftenI7-Boot-Krieg vor. Selbstverständlich folgt 
daraus nicht, daß man in Wien erst damals erfuhr, was weltbekannt war. 
Kaiser Karl hatte schon am 5. Dezember aus Teschen an Burian telegra¬ 
phiert, daß das deutsche Auswärtige Amt durch Hindenburg ganz kalt¬ 
gestellt sei. Wohl aber folgt aus der Meldung vom 10. Dezember, daß 
über jene Alternative, als Burian am 17. Oktober in Pleß an Bethmann 
Hollweg mit der Anregung eines Friedensangebotes herantrat, keine Aus¬ 
sprache stattgefunden hat. 
Damit wird nur bestätigt, was bereits aus den vom Untersuchungs¬ 
ausschuß veröffentlichten deutschen Akten ersichtlich war, 1925 aber noch 
nicht so klar herausgearbeitet werden konnte. Drei Tage vor der Unter¬ 
redung in Pleß hatte Bethmann Hollweg nach langem Zögern in Wa¬ 
shington einen Friedensappell Wilsons an die kriegführenden Mächte 
angeregt. Der Reichskanzler wollte zwar von einer Friedensvermittlung 
des Präsidenten nichts wissen, weil er ihm mißtraute, aber er versprach sich 
von einer amerikanischen Friedensaktion in Form eines Appells wenigstens 
die Feststellung, ob der Feindbund überhaupt geneigt sei, sich auf Friedens¬ 
gespräche einzulassen. Das Gegebene wäre unter diesen Umständen gewesen, 
daß er Burian in Pleß offen und ehrlich gesagt hätte, er müsse vor Erörterung
	        
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