Volltext: Die politischen Kämpfe um den Frieden (1916 - 1918) und das Deutschtum

Zur Einführung 
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nicht behaupten. Die von Sowjetrußland ausgegangene Enthüllungs¬ 
epidemie hat vor der russischen Revolution von 1917 haltgemacht, und 
man muß sich aus den fragmentarischen russischen, französischen, englischen 
und italienischen archivalischen Mitteilungen mühsam die Mosaikstifte zu 
einem Bild der russischen Politik zwischen dem März 1917 und dem Kriegs¬ 
ende zusammensuchen. Dokumentensammlungen wie die russischen, deut¬ 
schen, österreichischen, englischen und französischen über die Politik der 
großen Mächte bis zum Ausbruch des Krieges 1914 sind kaum zu erwarten, 
obwohl die Vereinigten Staaten wesentliche Teile ihrer Kriegsakten ver¬ 
öffentlicht haben. Das Material des Historikers sind also noch wie 1925 
Aktenftagmente, aktenmäßige Darstellungen und Zeugen. Werkmann sagt 
in seinem Buche „Deutschland als Verbündeter" auf Seite 198: „In den 
Archiven zu Wien und Berlin sind ganze Schränke voll von Akten über 
Friedenöfühler. Beamtete und unbeamtete Agenten der beiden Parteien 
haben sich zu allen Zeiten des großen Ringens damit befaßt, dem Gegner 
auf den Puls zu fühlen." Lloyd George hat neuerdings auch englische 
Aktenschränke geöffnet. Die Zahl der Friedensfühler hat sich seit 1925 ver¬ 
mehrt und wird sich weiter vermehren, aber die hauptsächlichsten habe ich 
schon 1925 in ihrer Verflechtung aufgedeckt und es genügt, den Zuwachs 
an Wissen in den seitdem verflossenen dreizehn Jahren kritisch zu prüfen 
und festzustellen, wo mit einiger Aussicht auf Erfolg weitergearbeitet 
werden kann. 
Ein deutscher Historiker darf jedoch nicht wie 1925 bei Aufdeckung der 
Gründe des Zusammenbruchs von 1918 stehenbleiben. Das Versailler Diktat 
wird erst durch die Machtkämpfe um den Frieden in den letzten Kriegöjahren 
verständlich. Auch in den Siegerstaaten dämmert heute die Erkenntnis, daß 
es den Weltfrieden, statt ihn zu sichern, ebenso gründlich zerstört hat wie 
der 1917 zur Herrschaft gelangte Bolschewismus. Die Gründe enthüllen 
sich in den vorausgegangenen Machtkämpfen. Wie in einem Brennpunkte 
vereinigten sich schon 1917 alle Kräfte der Zerstörung. Was sich in der 
Vorkriegszeit noch unter der Oberfläche verbarg, zeigte sich in seiner wahren 
Gestalt und hat es erst dadurch einer aufbauenden Weltpolitik ermöglicht 
mit allem aufzuräumm, was den deutschen Zusammenbruch und die Dik¬ 
tate von Versailles und St. Germain herbeigeführt hat. 1925 schloß ich 
mein Buch mit der offengelassenen Frage, „ob die mit ehernem Griffel 
geschriebenen furchtbaren Lehren des Weltkrieges von unserem Volke je 
beherzigt werden". Heute dürfen wir diese Lehren nicht nur für unser Volk 
deuten. Das Problem des WeltftiedenS ist in den Jahren 1916 bis 1918
	        
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