Volltext: Die politischen Kämpfe um den Frieden (1916 - 1918) und das Deutschtum

Kühlmannö Friedensoffensive 
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so beschränkte sich die Mitwirkung deö Königs auf die Urlaubsbewilligung 
für die im belgischen Heere dienenden Prinzen Sixtus und Xaver Weih¬ 
nachten 1916 und auf die Entgegennahme des mündlichen Berichtes des 
Prinzen SixtuS über seine gescheiterte Aktion in La Panne am 5. und 6. Juni 
1917. Nichtsdestoweniger konnte im britischen, belgischen und französischen 
Heere daS Gerücht Verbreitung finden, das Königöpaar habe die Sache 
der Alliierten verraten und die Königin sei in der Schweiz mit „Feinden" 
zusammengetroffen. Schon am 29. Januar hatte der General der in Flan¬ 
dern stehenden englischen Truppen dem belgischen Generalstabschef 
Rucquoy die Zumutung gestellt, die belgische Front durch englische Offi¬ 
ziere besichtigen zu lassen, scheint also geargwöhnt zu haben, daß die 
Belgier dem deutschen Gegner ein Tor der Front öffnen wollten. Der 
Zwischenfall wäre auf Broquevilles Beschwerde am Quai d'Orsay wohl 
nicht so rasch erledigt worden, wenn er eö nicht verstanden hätte, die fran¬ 
zösische Regierung von seiner absoluten Verläßlichkeit zu überzeugen. Wer 
die Erkundigung des Nuntius Aversa und der Herzogin Karl Theodor 
nach den deutschen Friedensbedingungen für Belgien veranlaßt hat, ist 
noch eine offene Frage. Ging die Anregung von König Albert aus, so hat 
er jedenfalls dem Quai d'Orsay sofort das Ergebnis mitgeteilt. Schon am 
24. Februar konnte Jules Cambon die von Erzberger eigenmächtig formu¬ 
lierten Bedingungen notieren. 
Man versteht eö daher, daß König Albert anfangs Januar 1917 den 
spanischen Gesandten in Brüssel, Marquis von Villalobar, nicht emp¬ 
fing, obwohl er durch ein Telegramm König Alphonsos angemeldet war. 
Bethmann Hollwegö Hoffnung, die belgische Frage durch direkte Verstän¬ 
digung mit dem König der Belgier zu bereinigen, scheiterte nicht, wie er 
am 5. März an Hertling schrieb, an Villalobars Ungeschick, sondern an 
seiner eigenen Unfähigkeit, sich in die Lage Belgiens hineinzudenken. Villa- 
lobar bekam auf der Durchreise durch Paris am 20. Dezember 1916 und 
am z. Januar 1917 nur einen Mitarbeiter Broquevilles, Graf Lichter¬ 
velde, zu sehen, dem er ausrichten konnte, daß der Reichskanzler zur Wie¬ 
derherstellung der belgischen Souveränität unter gewissen Garantien bereit 
wäre. Den gleichen Mißerfolg hatte der Vertreter des Auswärtigen Amts 
in Brüssel, Legationsrat Freiherr von der Lancken, als er Broqueville durch 
den belgischen Großindustriellen Baron Evence de Coppee das nämliche 
ausrichten ließ und zugleich eine Zusammenkunft vorschlug. Am 23. Januar 
1917 erhielt Coppee im belgischen Hauptquartier die Antwort, daß Bro¬ 
queville ohne Einweihung deö belgischen Außenministers und ohne Ermäch¬
	        
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