Volltext: Alpenkrieg

Stellung auffangen. Am 20. Mai 1917 um 9 Uhr abends 
ist die Mine fertig. 
Zwei weitere Tage vergehen ereignislos. Da nun 
alles bereit ist, hat es keine Eile mehr. Der Feind 
ist weit, er sitzt mehr als 200 Meter tiefer als die 
Sprengkammer in der Wand und hat gar nicht den 
Versuch unternommen, den Anschlag abzuwehren. Am 
22. Mai rundet sich auf den Tag genau das zweite 
Kriegsjahr — das ist der symbolische Anlaß für den 
Druck auf den Zündtaster; und um die zehnte Abend¬ 
stunde sind die Tragtierkolonnen auf dem Weg in die 
Wand des Kleinen Lagazuoi — das ist der militärische... 
Punkt 10 Uhr abends brüllt eine urgewaltige Stimme 
auf und füllt weithin den Raum: die Mine ist explo¬ 
diert. Und dann donnert eine Steinlawine nieder, wie 
sie seit den Geburtswehen der Dolomiten nicht da war 
— donnert nieder, erreicht das Felsband, nimmt es in 
hundertfünfzig Meter Breite mit . . . 
Viele Stunden lang brechen immer neue Gesteins¬ 
massen aus und stürzen die Wand hinunter. Ein unge¬ 
heurer Schotterkegel liegt zu Füßen des Kleinen Laga¬ 
zuoi, 130.000 Kubikmeter Fels umfassend, die durch 
menschlichen Willen aus ihrem Gefüge gerissen wur¬ 
den. Der „Strebestein" liegt, in tausend Stücke zer¬ 
schellt, ebenfalls darunter, desgleichen der Großteil des 
„tätowierten Steines" und alle die Soldaten, die dort 
hausten, ihre Waffen und Maultiere. Von einem Wie¬ 
dererstehen der italienischen Felsbandstellung kann 
menschlichem Ermessen nach keine Rede sein. 
3. 
Ist nun wenigstens der Kampf um diesen einen 
Gipfel zu Ende? Keineswegs. Während noch immer 
Steine über die Wand des Kleinen Lagazuoi abgehen, 
arbeiten die Italiener schon an einer neuen Stellung 
auf dem östlichen Teil des Felsbandes, um sich von 
Lieberfällen auf ihr Angriffswerk gegen die Vorkuppe 
zu sichern. 
Denn auf der Vorkuppe werden sie Vergeltung üben. 
Ein Bau von phantastischen Ausmaßen ist hier im Gange: 
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