Volltext: Alpenkrieg

sehen Schulvereins, eigentlich nur mehr Museumsstücke 
aus der Vergangenheit. 
Leben ist hier erst wieder erwacht, seit hüben und 
drüben immer mehr Soldaten kamen und die Festungs¬ 
werke wie Pilze aus dem Boden schossen. Vordem zo¬ 
gen nur die Täler den Fremdenstrom an, das Heilbad 
von Levico in der Val Sugana und das weinreiche Tal 
der Etsch. Die Soldaten aber zogen auf die einsamen 
Hochflächen, errichteten Lager und Zeltstädte, hielten 
Uebungen ab. Jetzt kam auch für die Einwohner dieses 
Erdenwinkels eine neue Zeit, hüben und drüben. Sie 
waren geschickte Mineure, Maurer und Betonarbeiter. 
Viele von ihnen hatten in Deutschland, Innerösterreich 
und Italien gearbeitet, wußten von Kanalbauten, neuen 
Straßenzügen und Tunnelierungen zu erzählen, an denen 
sie, fern der Heimat, in den Sommern gearbeitet hatten. 
Jetzt aber brauchte man nicht so weit zu gehen. Auf 
den Hügeln und Bergen wurde der Fels aufgebrochen. 
Straßen entstanden, die irgendwo im Grünen endeten: 
Armierungsstraßen. In Wien und Rom entwarf man 
Pläne, kämpfte mit den Volksvertretern um das Geld, 
sie auszuführen. Und die Bewohner der armseligen Dör¬ 
fer und Weiler in den hessischen Alpen arbeiteten im 
Schweiße ihres Angesichtes, tun ihre Heimat — in einen 
wohlvorbereiteten Kriegsschauplatz zu verwandeln, hü¬ 
ben und drüben ... 
Es gab Brot und die. Spionage blühte. Die harm¬ 
losen Hirten und Bauarbeiter von früher hatten gleich 
erkannt, daß' der Boden immer heikler wurde. Jeder 
Spatenstich, jedes Pumpenhaus, jede Kaserne — ganz 
abgesehen von einer „Fortezza", einem „Werk“ — 
hatte seine Bedeutung, und die Offiziere, denen man 
Berichte und Bilder von der Gegenseite anbot, ließen 
sich nicht lumpen. Hin und wieder flog ein Schwindel 
auf; denn soviel „Werke“ konnte weder Italien noch 
Oesterreich bauen, als man ausspähen und sich dafür 
bezahlen lassen wollte. Aber die Offiziere wußten ver¬ 
dammt Bescheid und ließen einen ins Loch sperren, 
wenn man im Kreuzverhör nicht standhielt. Ein Klum¬ 
pen Gips, nach bekannten Mustern geformt, in einer 
Sandgrube aufgebaut, mit Farnen und Grashalmen als 
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