Volltext: Alpenkrieg

seinen Gaul satteln, trabt auf den Plöcken, steigt, so 
rasch es ihm sein Zustand erlaubt, auf den Pal. 
Was dort geschieht, ist bald erzählt: Als die Tisdhl- 
wanger Aushilfsalpini des Hauptmannes ansichtig wer¬ 
den, ziehen sie die Hüte und wünschen einen guten Tag. 
Gressel aber schnauzt sie an: „Was sucht ihr da her¬ 
oben? Schaut, daß ihr augenblicklich verschwindet 1“ 
Und die Braven nehmen ihre Gewehre, ziehen noch 
einmal den Hut und verlassen den Kampfplatz. Das war 
ein reiner Sieg der Autorität. 
Doch diese so rasch geordnete Lage hält leider nicht 
lange an. Von Süden rücken die Italiener mit starken 
Kräften an, von Norden her hasten ein paar Landsturm¬ 
kompanien in das bedrohte Gebiet. Es beginnt ernst zu 
werden. 
Als General Fernengel am 24. Mai auf den Plöcken 
eintrifft, ist der Kampf schon im Gang. Italienische 
Granaten schlagen in den schwachen Stützpunkt nörd¬ 
lich der Paßenge und starke Alpiniabteilungen sind aus 
der Torrente But im Aufstieg gegen den Grenzkamm. 
Ein zähes Ringen um die Besetzung und Behauptung der 
höchsten Spitzen des Abschnittes setzt ein. Bald da, bald 
dort flackern Feuergefechte auf, und es sind vorwiegend 
einzelne Männer oder winzige Gruppen, die sich ver¬ 
zweifelt gegen den übermächtigen Feind wehren. Allen 
voran die beiden besten Kenner des Plöckengebietes, 
der Gendarmeriewachtmeister Simon Steinberger und der 
Finanzwachebeamte Franz Weilharter. Was die Berg¬ 
führer in den Sextener Dolomiten waren, das waren 
hier diese beiden Männer: Unermüdlich unterwegs, den 
todbringenden Stutzen in der Faust, wurden sie zum 
Schrecken des Gegners, zur starken Stütze der eigenen 
schwachen Kraft. 
Die Folgen der zahlenmäßigen Unterlegenheit des 
Verteidigers in den ersten Kriegstagen ist verheerend. 
Der Feind besetzt ohne sonderliche Schwierigkeiten eine 
Reihe der wichtigsten Grenzberge, und es kostet später 
viel Blut, diese Berge wieder zu gewinnen und damit 
der Front auf dem Kamisdien Kamm Festigkeit und 
Dauer zu geben. 
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