Volltext: Ober-Oesterreich

die Kanzeln des Berggeistes, auf denen der Ewige alle Jahrtausende einmal die Urrechte der Berge 
verkündet. 
Auf der Drittelhöhe des Abhanges liegt das Dörfchen Ober-Schwarzenberg, dessen wenige 
Häuslein auf der Steinhalde wie wohnlich gewordene Klötze sich ausnehmen. Weiter oben führt 
der immer steiler werdende Gehsteig am Bärenloch vorüber, wo um die Mitte des vorigen Jahr¬ 
hunderts von einem Jäger des Stiftes Schlögl der letzte Bär in dieser Gegend erlegt wurde; das 
Gewehr, aus dem der Treffschuß fiel, bleibt im Stifte aufbewahrt. 
Auf halber Bergeshöhe lenkt der Pfad in den dichten Wald hinein; um da vorwärts zu 
kommen, müssen oft Hand und Stock Einlaß verwehrende Äste brechen. Doch dauert das mühe¬ 
volle Vorwärtsdrängen durch das Unterholz nicht lange, überraschend bald wird eine eigenartige 
Felsgruppe erreicht, die für die Leute der Umgebung nach alter Überlieferung „Teufelsstein" heißt. 
Nur durch gewandtes Klettern oder mit Notleitern läßt sich die oberste Platte des höchsten Blockes 
erreichen, auf der Heimatforscher beckenförmige Aushöhlungen, vermutlich Opferschalen, fanden, 
die der Volksmund als des „Teufels Suppenschüsseln" bezeichnet. Auf dem niedrigsten Block der 
Gruppe mußte ein mit Gerank dicht verwachsenes Moospolster durchwühlt werden, um sein Becken 
zu enthüllen. Die Gelehrten haben noch nicht besiegelt, daß der Teufelsstein auf dem Steingupf im 
Dreisesselberggebiet ein altgermanischer Opferstein sei, aber die Lage des Felsgebildes, die Zeichen 
darauf und noch mehr die uralten Sagen, die nicht, wie es leeren Worten geschehen wäre, verloren 
gingen, sondern nach einem Jahrtausend noch den Ort umkreisen, die behaupten es. Einheimische 
Schwarzenberger haben das Gruseln vor dem Teufelsstein noch nicht verlernt. Ehemals wagten sich 
die Hirten aus der Umgebung nicht an die verwunschene Stätte heran; die Ahne hatte ihnen ja 
erzählt, daß dort der höllische Geist und die ihm Verschriebenen, die Hexen, ihre Zusammenkünfte 
halten und ihr Unwesen treiben, Zaubereien greulichster Art. In Vollmondnächten gar kämen die 
argen Weiber auf Besenstielen geflogen, im wilden Tanze den Teufelsstein umwirbelnd. 
Wie war doch das mittelalterliche Licht gespenstisch flackernd, der Gegenwart leuchtet ein 
ruhigerer Strahl bis zum Anfang aller Dinge. Heilig und klar ist der Anfang, wenn wir uns ihn bei 
Gott denken. Gewiß fühlte unser Stammvolk die Sehnsucht nach der göttlichen Klarheit, wenn es 
unter freiem Himmel sein Herz zum Lichte erhob. 
In einem alten, heiligen Buche können wir lesen: „Wenn die Menschen schweigen, werden 
die Steine reden/4 Im Mühl viertel reden die Steine. 
An der Strecke der Budweis-Bahn, von der Station Sumerau weg, ist das Dörfchen Eiben- 
stein in vierzig Minuten erreichbar. Seine wenigen Häuser schmiegen sich dem Abhang eines grünen 
Bergrückens an, dessen Kuppe von einem Nadelwäldchen überwachsen ist. Zwischen den Bäumen 
liegt ein hoher Granitstock, der aber leicht zu besteigen ist, da regelrechte, in den Stein gehauene 
Stufen zu seiner Plattform hinaufführen. Da oben finden sich wieder dieselben Aushöhlungen wie 
auf dem Teufelsstein, von den Urvätern ausgeriebene Opferschalen auf dem Opferstein. Oder soll 
man das Haupt schütteln und sagen: „Steter Tropfen höhlt den Stein." Aber der alte, schöne Name 
„Eibenstein" schließt wohl eine Legende ein. Von Elfen angelockt, fand ein Sehnsüchtiger das 
Felsgebilde, von dem aus man weit in die Welt und hoch in den Himmel hineinschauen kann. Er 
und seine ganze Sippe erkannten an seiner Schönheit den Götterstein und verkündeten es mit ihrem 
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