Volltext: Ober-Oesterreich

Unser Blick ist auf den Spitzkegel des Drachensteins gerichtet, wo ein großes Felsenloch unsere 
Aufmerksamkeit erregt. Der Sage nach soll der Teufel mit einer bösen Burgfrau vom Attersee, nach 
einer Variante aber mit einer Pfarrerköchin, durch dieses Loch auf dem Wege zur Hölle geflogen 
sein. Ein ganz wundervolles Naturschauspiel aber sieht man in den ersten Tagen des Aprils und 
Oktobers, wenn nachmittags die Sonne durch das Drachenloch späht. Da brennt ein glanzvoller 
Demant aus dem dunklen Gestein und die Sonnenstrahlen zerstreuen sich, in die Regenbogenfarben 
zersplittert, in Bündeln auf die Bergschatten und auf den See. Die Wolken aber erglänzen in den 
lebhaftesten Farben und auf der Tanne, die im Felsloche steht, sieht man die flatternden Kleiderreste 
der bösen Burgfrau. Auf der Breitseite der Drachenwand aber erblickt man neben dem Gebilde der 
im Steine „Schlafenden Jungfrau" ganz deutlich die Gestalt eines übergroßen Drachens mit dem 
Stachelrücken und dem Echsenkopfe. Seit der Urzeit hausen nämlich diese Fabeltiere im Gebiete 
der nach ihnen benannten Drachenwand und behüten die Goldschätze dieses Mythenberges. 
So mannigfaltig an Natur Schönheiten nun diese Gegend ist, ebenso wechselvoll und lehrreich 
ist die Geschichte derselben. Die Historie dieses Seengebietes, das im Schatten des Schafberges 
(Scafesperc urkundlich 843) liegt, reicht bis in die graue Vorzeit zurück. Es herrschte in der prä¬ 
historischen Zeit reges Leben und Treiben am Bergsee. Der Pfahlbauer lebte, unbekannt mit den 
Genüssen unserer Kultur, glücklich und zufrieden in seiner von hellem Sonnenschein und blauem 
Himmel überwölbten Pfahlhütteo Die Männer nahmen die Jagdwaffen, das Steinbeil, und erlegten das 
Wild oder sie fuhren mit dem Einbaum und fingen mit Angeln aus Fischgräten die fetten Lachse aus 
dem See, während die Weiber und Mädchen am Spinnrocken und am Webstuhle saßen oder die 
Töpferscheiben drehten und die fröhliche Jugend sich munter am Pfahlroste herumtummelte. Der 
Mondsee zeichnet sich ganz besonders durch seine Fülle und Menge der aus ihm gehobenen Funde 
aus dieser Zeit aus und dürfte es auch von Interesse sein zu wissen, daß die Swastika (das Haken¬ 
kreuz) als Verzierung nicht nur auf Gefäßen von Ilium (Troja) und Zypern sich vorfand, sondern 
auf den Gefäßscherben von Mondsee aufscheint. 
Mit den Kelten, die um das dritte Jahrhundert v. Chr. eingewandert waren, begann die 
Bronzezeit, der eine Kupferperiode voranging, und es zeigte sich, daß der Mondsee-Pfahlbau sich 
wieder als der kupferreichste erwies. Die Bewohner Mondsees waren jedenfalls auch mit der Hall- 
stätter Niederlassung in Verbindung und war es das Salz, das sie von dort herbrachten. Die Kupfer¬ 
funde aber beweisen ihren augenscheinlichen Zusammenhang mit dem prähistorischen Kupferbergwerke 
in Mitterberg bei Bischofshofen und die chemische Untersuchung hat die Gleichwertigkeit des Kupfers 
mit dem dortigen dargetan. Vor drei Jahren wurde im Gerölle zu St. Lorenz noch eine interessante 
Lappenaxt aufgefunden, die sich einstweilen in meiner Verwahrung befindet. 
Es war im Jahre 15 v. Chr. Von Süden her marschierten die Legionen der Römer und 
pflanzten in unserem Lande ihre silbernen Adler auf. Sie legten in Norikum Straßen an und ver¬ 
banden diese Provinz mit den Nachbarländern. Von Juvavum führte eine Vizinalstraße über Mond¬ 
see zum Attersee, wie auch nach Straßwalchen und Ischl. Mondsee oder St. Lorenz, wie neuere 
Forscher glaubhaft machen, mag vielleicht Tarnanto, eine kleine römische Kolonie oder eine 
Villeggiatur gewesen sein. Tatsache ist, daß in Mondsee vier römische Sepulchralmonumente auf¬ 
gefunden wurden, die jetzt in der Vorhalle der Kirche prangen. Kein Geringerer als Theodor 
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