Volltext: Ober-Oesterreich

Frauentürme Münchens wurden bei klarem Himmel gesichtet. Vierzehn Seen, die in ihrer mannig¬ 
faltigen Färbung wie Smaragde oder blaue Augen zwischen den Felsbergen schimmern oder sich 
lieblich in die Ebene einfügen, lachen zum Himmel empor, und saftige Alpentriften, auf denen kräftige 
Rinder weiden, deren Glockentöne an unser Ohr schlagen, grüßen den begeisterten Alpenwanderer. 
Die herrlichsten Alpenblumen, Büsche von Rhododendron, das dunkelblaue Auge des Vergi߬ 
meinnichts, die Alpenprimel, die Spectabiiis, das Kohlröschen und noch viele andere seltene Kinder 
der Flora entzücken uns am Stein-, Grün- und Münichsee, wie bei den Almhütten der Eisenau und 
des Vormauersteines. 
Die lohnendste Partie für Bergsteiger ist wohl die von Scharfling, Kreuzstein oder See aus über 
die grünen Triften der Eisenau und von da bis zur Himmelspforte hinan. Mit einem Male genießt 
man die großartigste Fernsicht in die Hochgebirgswelt. Auch auf anderen Fußpfaden, auf dem 
Alpenvereins- oder dem Hüttensteiner Weg kann man zur Höhe gelangen, doch diesen Reiz gewähren 
diese Aufstiege nicht, weil man der Überraschung entbehrt, die der Anblick von der Himmelspforte 
gewährt. Auf letzteren bequemeren Wegen gelangt man durch prachtvolle Nadelwälder, deren 
knorrige Wurzeln sich gleich Ringelschlangen am Boden hinziehen, an plätschernden Brunnen und 
sprudelnden Quellen vorbei zur Schafbergalm, wo ein Gasthof zum Verweilen einlädt und von wo 
aus man in einer Stunde oder mit der Zahnradbahn in kurzer Zeit die Schafbergspitze erreicht. Ein 
erstklassiger Gasthof bietet freundliche Unterkunft. Wer auf dieser luftigen Himmelshöhe die Nacht 
zubringt, genießt dann am frühen Sommermorgen abermals ein Bild von unbeschreiblicher Schönheit, 
einen Sonnenaufgang im Hochgebirge. Aus dem grauen Wolkenmeere tauchen die ersten Strahlen 
des Taggestirnes auf und färben die nahen Bergspitzen in zartestes Rosa und allmählich zieht Frau 
Sonne als Siegerin am Osthimmel auf! 
.,Ich bin vom Berg der Hirtenknab', 
Seh auf die Schlösser all herab; 
Die Sonne strahlt am ersten hier, 
Am längsten weilet sie bei mir. 
Ich bin der Knab* vom Berge!44 
Nun geht es fort von dieser gottbegnadeten Bergspitze, die unser Gemüt in Staunen versetzte, 
das in einem Herzensgebete endet. 
Wählen wir den wildromantischen Weg durch die Burgklamm als Abstieg, so gelangen wir 
nach vorsichtigem Klettern in das gastliche Burgau, diesen idyllischen Punkt des Attersees. „Abschied 
hat der Tag genommen!44 Und wenn wir nach Mondsee zurückkehren, so sieht man im Westen den 
rotgoldenen Sonnenball, der noch die Höhen bestrahlt und sich im Goldkreuze der alten Münstertürme 
spiegelt und bei dessen Scheiden in mir die klangreichen Worte des Verses eines großen Poeten wach¬ 
gerufen werden: ,,Sol moritur vespero cadens sua regna rubenti!44 
See, die liebliche Siedlung am Ostfjord, der Pfahlb'autenplatz, wo der große Schweizer Gott¬ 
fried Keller dichtete und den „Dietegen" schuf, schöne, prächtige Gaststätten, die wundervolle Felsen¬ 
straße durch die Kienbergwand, eine Axenstraße im kleinen, Scharfling und Plomberg, vorüber am 
Zauberwald bei St. Lorenz mit seiner doppeltürmigen Filialkirche, nach Schwarzindien, gegenüber 
das reizende Tal der Wengau. das sind Punkte, die man anderswo nicht findet. 
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