Volltext: Ober-Oesterreich

Der Dachsteinhöhlenpark 
im oberösterreichischen Salzkammergut 
Die Höhlenstadt Österreichs 
Von G. L a h n e r 
Manche Städte sind bekannt durch ein unterirdisches System von Gängen, die sich gleich dem 
obertägigen Straßennetze nach allen Richtungen ausdehnen und kreuzen, welche Wiederholung der 
oberirdischen Verhältnisse in der feierlichen Ruhe unterirdischer Nacht ihnen einen Ruf brachte, 
dem stets ein wenig Grauen beigemischt ist wie den Katakomben der ägyptischen Königsgräber, dem 
unterirdischen Rom oder Paris. Enge Korridore, aus leicht zu bearbeitendem Material gehauen oder 
gegraben, ermüdend durch ihre stets wiederholte Einförmigkeit wie die Stollen eines Bergwerks, ohne 
wesentliche Unterscheidungsmerkmale, daher leicht irreführend — Menschenwerke! 
Ihnen gegenüber stellen wir jetzt ein Werk der Natur, an dem Jahrhunderttausende gebildet 
haben mögen, das aus vergangenen geologischen Epochen in unsere Zeit hereinragend einer Labyrinth¬ 
stadt gleicht, die das Innere gewaltiger Berge erfüllt mit ihren Riesenkorridoren, ihren gewaltigen 
Hallen und Unterweltsdomen, wo kein Gebilde dem andern gleicht, wo die Natur an bizarren 
Formen und kühnen Gestaltungen sich überbietet und wo sie ihre gleißendsten Schätze mit gran¬ 
diosem Wurfe ausstreute — hier findet Märchen noch ein Reich! 
Es liegt dieses Märchenreich am Gestade des bergumgürteten Hallstätter Sees, im Eingeweide 
des königlichen Dachsteingebirges, die beide selbst märchenhaft schön sind — Märchen im Märchen — 
die Natur liebt die Steigerungen, sie potenziert sich! 
Das idyllische Dörfchen Obertraun am Hallstätter See, zwar eine Eisenbahnstation, aber noch 
dahinträumend wie in längst vergangenen Zeiten, von denen sonst nichts auf uns gekommen ist als 
die Bilder mit den malerischen alten Trachten des Salzkammergutes, es ist der Ausgangspunkt, sozu¬ 
sagen der Schlüssel zu diesen Herrlichkeiten. Am Südufer des überaus stimmungsvollen Sees im 
flutenden Lichte der Sonne blinken seine winzigen weißen Häuschen, über die blaue Wasserfläche 
winkt das schwalbennestgleich an die Felsen geklebte Hallstatt herüber mit seinem in einsamer Höhe 
trotzenden Rudolfsturme, ein weiter Kranz von steil aufstrebenden Felsmauern umrandet das vom See¬ 
ende ab ost-westlich verlaufende Tal in so beträchtlichem Abstände, daß es mit seinen Wiesen, Wald¬ 
parzellen und brunnklaren Bächlein zwischen dem klobigen Sarsteingebirge und dem mächtigen Dach¬ 
steinstocke wie eine grünende Oase in die schroffe Wildheit des Kalkgebirges eingebettet liegt. Und 
schnellen Laufes durcheilt der Traunfluß, hier noch ganz das junge Kind der Berge, deren Schöße er 
drüben im „Steirischen" entsprungen ist, mit Rauschen und Raunen das friedliche Tal hart am Fuße 
des Dachsteingebirges, um im See, in den er weit hinaus seine Schotter schon geschoben hat, die 
erste Rast zu nehmen. 
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