Volltext: Ober-Oesterreich

getretene Gemeindegesetz verlieh der Stadt das Recht, den Bürgermeister, die Gemeinderäte und 
Ausschüsse frei zu wählen, die Ortspolizei zu handhaben und das Gemeindevermögen frei zu ver¬ 
walten. In diesem Jahre wurde auch der Schiffmeister Michael Fink, der während des Krieges 
gegen Italien (1848—1849) die damals gefahrvolle Getreidelieferung zur Armee durchgeführt hatte, 
ausgezeichnet. In den letzten Jahrzehnten des verflossenen Jahrhunderts wurden auch in Braunau 
manche der Neuzeit entsprechende Reformen eingeführt. Die Errichtung einer Buchdruckerei, einer 
Kunstmühle, Garnspinnerei, bezeugen den in den Sechzigerjahren den neuen Zeitverhältnissen ent¬ 
sprechenden industriellen Fortschritt der Stadt Braunau. Im Jahre 1861 erfolgte die Eröffnung 
der Sparkassa in Braunau. Im Jahre 1874 wurde die Stadt von einem schrecklichen Brandunglück 
heimgesucht, das noch heute die bittersten Erinnerungen wachruft. Trotz der angestrengten Tätig¬ 
keit der Feuerwehren fielen dem Brande 77 Häuser zum Opfer; darunter auch das Rathaus, 
das Archiv und andere historisch denkwürdige Bauten. Die Bewohner der alten Grenzstadt am 
Inn waren durch dieses Brandunglück allerdings schwer getroffen, doch nicht entmutigt. Es wurden 
verschiedene Verbesserungen, Verschönerungen sowie Neubauten durchgeführt, die von der rastlos 
schaffenden Tätigkeit der Bewohner der Stadt, namentlich von dem Schaffen und Wirken der Stadt¬ 
gemeinde Zeugnis geben; zum Beispiel der Bau der Sparkassa, der Bürgerschule mit Turnhalle, der 
städtischen Infanterie-Notkaserne, der neuen Reichsbrücke, dann der Bau der Wasserleitung und des 
neuen Pumpwerkes, die Errichtung des allgemeinen Krankenhauses und der Bau des Elektrizitäts¬ 
werkes. Die Hochwasserkatastrophen des Inn und der Mattig (1897 und 1899) bilden den Schluß 
der Katastrophen, von welchen die Stadt Braunau in letzter Zeit heimgesucht wurde. 
Während des Weltkrieges hatte auch Braunau wirtschaftlich sehr zu leiden, umsomehr als in 
unmittelbarer Nähe ein Kriegsgefangenen- und Flüchtlingslager für zirka 40.000 Gefangene und 
15.000 Flüchtlinge untergebracht war. Von Fiume war hierher auch die Marineakademie verlegt 
worden. Doch auch von den Nachwehen des großen Krieges hat sich die alte Grenzstadt Braunau 
verhältnismäßig rasch erholt und hat in den letzten Jahren auf wissenschaftlichem und wirtschaftlichem 
Gebiete einen großen Aufschwung erfahren. Im Jahre 1923 erfolgte die Gründung der Innviertier 
Künstler-Gilde unter dem Vorsitz des Herrn Bezirkshauptmanns Freiherrn von Hammerstein, dessen 
dichterische Werke Weltruf besitzen. Als hervorragende Braunauer Künstler dieser Vereinigung 
sind der Vorsitzende Altmeister Hugo von Preen zu nennen, von dem zahlreiche Werke in 
der Münchner Akademie verewigt sind, und Aloys Wach, der in der Vatikanischen Missions- 
Ausstellung 1925 in Rom große Ehrung erfuhr und Aufträge selbst für Amerika erhalten hat. Auf 
musikalischem Gebiete ist der Tonkünstler Josef Reiter zu erwähnen, dessen Kompositionen weit 
über die Grenzen der Heimat hinaus bekannt und berühmt sind. Auf wirtschaftlichem Gebiete ist 
die Erschließung des Innviertels durch den im Jahre 1925 eröffneten Kraftwagenverkehr der Ober¬ 
österreichischen Kraftwagengesellschaft von größter Bedeutung.
	        
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