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haben dort eine solche Größe und Stärke erreicht, daß ihre europäischen Schwestern dagegen 
die reinsten Zwerge waren und die Gemüse erinnerten in ihrer ganz kolossalen Dimensionierung 
an die bekannten Plakate der Mauthnerischen Riesengewächse. Immer wieder bedauerten wir, 
daß in unserer Heimat nicht auch eine so vorzügliche, fette Erde und eine so wuuderwirkende 
Sonneuwärme Land und Leute beglücken. Tausende und aber Tausende von Quadratkilometern 
des herrlichsten Humusbodens liegen dort brach. Bei rationeller Kultur könnte Ostasien allein 
die ganze Welt mit Vegetabilien versorgen. Kein Wunder daher, daß Japan, diese Boden- 
produktivität erkennend, seine Expansionsgelüste bis in dieses Gebiet erstreckt. 
Die Arbeitsverhältnisse der Mannschaft. 
Die Mannschaft mußte teils für den Staat, teils für Privatleute Arbeiten ausführen; 
nur ein relativ geringer Teil versah den Dienst als Diener oder Professionisten in den 
Ösfizierslagern. 
Ein russisches Gesetz vom Oktober 1914 bestimmte, daß Arbeiten für den Staat von 
den Kriegsgefangenen unentgeltlich ausgeführt werden müssen, was in direktem Widersprüche 
zu den einschlägigen Bestimmungen der Haager Konferenz stand. Die Arbeitsmanuschaft bekam 
nicht einmal eine sogenannte Verköstigungszulage und hatte auch an Sonntagen nicht frei. Erst 
auf eine im März 1916 von Seite des Papstes gemachte Vorstellung wurde der Sonntag 
zur Ruhe freigegeben. Auch in jenen Fällen, wo die Mannschaft für Private arbeiten mußte, 
wurde ihnen zumeist der Lohn vorenthalten: so z. B. erhielten meines Wissens die Kriegs¬ 
gefangenen, die beim Bau der Amurbahn beschäftigt waren, ein halbes Jahr hindurch nicht 
einen Kopeken Entlohnung. In den Sommermonaten wurden die Kriegsgefangenen zu landwirt¬ 
schaftlichen Arbeiten in das europäische Rußland überführt. Auch dort war die Entlohnung 
keine fixe und geregelte und nur von der Ehrlichkeit der Arbeitsgeber oder sonstiger Organe 
abhängig. Um der Mannschaft zur Bestreitung des Allernotwendigsten für ihren Lebensunter¬ 
halt zu helfen, wurde daher in fast allen Offizierslagern ein monatlicher Beitrag für den 
Mannschaftsunterstützungsfonds geleistet. Außerdem wurden alle möglichen Veranstaltungen, wie 
z. B. Konzerte, Schauturnen, Tennis- und Fußballmatsch usw., in Szene gesetzt und die Erträg¬ 
nisse dem Mannschaftsfonds zugeführt. Insbesondere flössen auch durch die Abgabe eines be¬ 
stimmten Betrages für jeden eingelangten Brief, Karte, Telegramm, Paket- und Geldsendung 
dem Mannschaftsfonds Mittel zu. Leider ist aber bei dem großen Stand der Mannschaft die 
für den einzelnen zur Auszahlung gelangte Quote trotzdem sehr gering ausgefallen. 
Gagen und Löhnungen. 
Obwohl von der russischen Regierung für Ofsiziersgagen und Mannschaftslöhnungen 
bestimmte Ausmaße festgesetzt waren, wurden diese Gebühren sehr oft entweder gar nicht oder 
zu einem verspäteten Termine und zumeist erst über wiederholte Reklamation und dann mit 
ungerechtfertigten Abzügen ausbezahlt. Es wird ivohl keinen einzigen Kriegsgefangenen geben, 
der alle seine Gebühren während der Kriegsgefangenschaft in voller Höhe und zeitgerecht erhalten 
hat. Als ein Beispiel will ich nur anführen, daß im August 1915, also genau ein Jahr nach 
Beginn des Krieges, die Forderungen an unausbezahlten Gagen jener 250 Offiziere, die in 
Krasnaja-Rjetschka unter meinem Kommando standen, schon zirka 10.000 Rubel betrugen. 
Die Höhe der Gage war wie folgt pro Monat bemessen: General 100 Rubel, Stabs¬ 
offizier 75 Rubel, Oberoffiziere (Kadetten) 50 Rubel. Der Auszahlungstag sollte der 20. 
eines jeden Monats (nach russischer Zeitrechnung) sein. Nur in den wenigsten Stationen ist 
die Gage pünktlich ausbezahlt worden. Diese Gageauszahlungstage waren immer kleine Festtage, 
da man froh war, wieder für einen Monat seine Gebühren tatsächlich erhalten zu haben, denn 
so ganz bestimmt konnte man auf das Dengi (spreche djengi-^Geld) nicht rechnen. Nach dem 
Umstürze in Rußland waren die Auszahlungen überhaupt sehr in Frage gestellt und erfolgten 
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