Volltext: I R 14

Ängstliche wurden von Bergführern begleitet. Rettungs- und Sanitätsstellen wurden geschaffen, 
Labestationen eröffnet; Erfahrung und Technik verband sich — nicht umsonst — gegen den 
weißen Tod. 
Und der Erfolg? Die späteren Winter brachten nicht den fünfzigsten Teil der Opfer, 
die man in jenem unseligen Dezember 1916 und Jänner 1917 zu verzeichnen gehabt hatte. 
Oder soll ich noch der einzelnen Leistungen erwähnen, die halb militärischer, halb 
alpiner Natur, von Bergführern bewältigt wurden? Die Taten waren im Munde aller, Mono¬ 
graphien haben sie festgehalten, Berufenere werden noch über sie zu berichten wissen. 
Von Sepp Jnncrkoflers Tagen bis zum Sturme auf Covo di Caranto, welch strah¬ 
lender Kranz militärisch-alpiner Großtaten! 
Doch nicht allein in schneidigem Draufgehertum, in frischer, froher Bergarbeit hat 
dieser Krieg in den Bergen sich ausgelebt; mag sein Antlitz auch ein stolz-freudiges gewesen sein, 
schtvere, furchtbar drückende Last ruhte ans seinen Schultern. 
Das war die Sorge um den Nachschub! Nur der 
kann sie ermessen, der das menschliche und technische Aufgebot 
gesehen hat, das zu ihrer Bewältigung in Schwung ge¬ 
setzt wurde. 
Armeen versorgten eine Armee. Millionen von 
Pferdekräften arbeiteten für die Bewältigung dieses Pro¬ 
blems. Das auf Bergspitzen geschaffte Kilogramni Ekrasit 
gab Tonnen von Arbeitskraft. 
Nie wurde einem das Wort vom Kriege, der sich 
selbst verbraucht, einleuchtender als im Gebirge. 
Mit Kraxe und Rucksack begann es. Endlose Träger 
kolonnen stampften in eintönigem Trott, die Last auf dem 
Rücken, tagein, tagaus die schmalen Serpentinsteige vom 
Tal zur Höhe. Schritt um Schritt und Tritt um Tritt, 
wie ein mechanisch getriebenes Gefüge. Willenlos, seelenlos 
ging es bergauf, bergab. In Schnee und Regen, Sturm 
und Wetter, im glühenden Sonnenbrände, im sengenden 
Eissturm. 
Im Tale ging es noch auf Schlitten, dann kamen 
die Mulis, und dort, wo der Pfad für sie zu steil, der Weg 
zu eng wurde, kam der Mensch ins Joch der täglichen Arbeit. 
Weiber, Kriegsgefangene, Einheimische und bunt 
zusammengewürfelte Formationen, das waren die Blutkörper, die in den Adern pulsten, welche die 
Front, die zehrende, verbrauchende, mit den nährenden Herzgefäßen des Etappenraumes verbanden. 
Wehe, stockte einmal der erhaltende Kreislauf! Wohl waren allerorts Höhendepots an¬ 
gelegt worden. Aber auch darin wurde im Anfang viel gesündigt. Oft mußten nach tagelangen 
Schneestürmen Freiwillige aufgeboten werden, Mnndvorrat zu vorgeschobenen Posten zu bringen, 
die völlig abgeschnitten waren. Stumme Großtaten anspruchsloser Arbeit wurden da voll¬ 
bracht. Manch einer fand den Weg zurück nicht mehr, nachdem er den Kameraden dem sicheren 
Hungertode entrissen; manch einer kam niemals ans Ziel. 
Als Mensch und Tier ein selten Ding zu werden begann, niußte die Technik helfend 
eingreifen. Straßen wurden gebaut, Straßen durch Wände, Klüfte und Schroffen, durch die kaum 
je ein einsamer Bergpfad geführt hatte. Straßen, auf denen schwere Motorzüge rollen konnten! 
In spitzen Rohren, über luftige Kanzeln, durch Tunnels grub man sie — endlose 
Schlangen, gewunden und gedreht. Dazu kamen die Seilbahnen, jene kühnen Erzeugnisse tech¬ 
nischen Könnens und Wagens. 
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