Volltext: I R 14

jenes Bergwaldes, der voll und übervoll steht von Geschützen, Unterständen und Baracken, warten 
und warten der großen Stunde: an den Feind! Gleichsam hineingeduckt sind wir in die Natur, 
in den weißen, tiefen Winter — und ist doch Mai und ist doch Frühling! Wer fühlte ihn, der 
ihn nicht im Herzen trüge? 
Aber die Leute singen, scherzen und sind heiter; nur wenige scheinen versonnener Seele 
oder wissen schwermütig wehe Lieder; und wenn: bald hat sie Frohsinn überklungen oder 
ein herzlich getreues, biederes Lachen. Sie spielen Karten und schreiben Karten, sie plaudern 
und träumen vom einstigen Frieden, denken vielleicht, vielleicht auch an den Tod, aber sie hängen 
keiner Trübnis nach, sind gefaßt und mannhaft, gläubig und lichtvertrauend — tragen Frühling 
im Herzen. So warten unsere Leute des Gewaltigen, daß da kommen werde — Männer, 
Krieger! Und jedem ist in der Seele, er wüchse empor aus dem Alltag und wüchse hinein in 
jenes Große, Ungewisse, ein wichtig Werkzeug der Vorsehung. Und doch, wie klein, wie wenig 
ist der einzelne in dem Riesengetriebe Schlacht! Jst's nicht, als wöben Tausende, Hundert¬ 
tausende an einem Teppich, an einem unendlichen Purpurteppich, drüber mit Gotteswürde der 
Sieg schreitet? — und der Tod! Und doch — wer der Weber dürfte da feiern, dürfte da fehlen? 
Zwölf Uhr. Ich war vorhin in der Mondnacht. Feine Bläue webt um alles Gezweige, 
weiße Dünste verwischen jedes Scharfe, Harte. Und Stille und Friede. Und Silber und Traum. 
Der Tag wird uns hold. . . . 
Sonnenschein — ja: „Sonnenschein sucht sich bereits selbst aufzusetzen und schickt viele, 
viele Busserl. Die kleine Spielkatze zupft eifrig an meiner Kravatte und geht vergnüglichst auf 
jeden Spaß ein. Mama hat schon Zahnumrisse entdeckt. Könntest du den Liebling nur bald 
sehen. . . 
Nur bald sehen. . . . 
Ich bereite noch etliche Karten vor und will dann ruhen. 
„. . . Sonnenschein sucht sich bereits selbst aufzusetzen und schickt . . . könntest du den 
Liebling . . ." 
Ein paar Verse noch: 
Mein Leben war schön wie ein Fliederbusch 
Und sein Dust war das Glück, das ich trank, 
Und wär's nur gewesen ein leuchtender Husch, 
Ich weiß ihm vielinnigen Dank! 
Die Erde bleibt jung und die Sonne von Gold, 
Ob ich morgen bin oder war, 
Ich segne, was lebt und dem Glauben zollt, 
Daß die Nacht stets Sterne gebar. 
Die Kerze und ich, wir werden beide müde. Ja, müde . . . 
„. . . Sonnenschein sucht sich . . . und schickt . . . Könntest du . . 
Könnte ich . . . 
Nur sehen . . . 
Gute Nacht! 
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