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bringen können. Der Oberleutnant gibt noch einige Weisungen und Aufmunterungen und scheidet 
schließlich mit einem herzlichen „Gute Nacht!". 
Mit Schobes und zwei anderen Kameraden gehe ich nun zur nahen Stellung der Vier- 
undzwanziger-Haubitzen. „Maxl" und „Liesl" sind gegen unberufene Augen trefflich maskiert, 
nur ist ihr Waldstelldichein jetzt etwas ungelenk, still, schweigsam. Vielleicht flüstern sie einander 
Geheimnisse zu. Vielleicht grübeln sie über morgen. Vielleicht schmollen sie. Nun, morgen werden 
sie schon wieder herzhaft Zwiesprach halten; die zwei Leutel, die verliebten! 
Wie wir zurückkommen, ist Postabsammeln angesagt. Ich habe zwar schon vormittags 
drei Heimatkarten abgegeben, allein es drängt mich, sie alle die Lieben noch einmal zu grüßen. 
Ich war in tiefheiliger Stimmung. 
Für allen Frühling hab' ich noch gedankt und für Glück und Liebe, Leuchten und Rosen. 
Sie, sie — ob sie weiß, wie sehr mein Denken bei ihr weilt? Und weilen wird, wenn das 
Schicksal es will! Wenn's das Schicksal will. . . . Aber ich seh' durch alle Schatten, die ein 
wenig kommen wollten, wieder Sonne, große, große, ewige Sonne. Denn ich weiß es, auf mein 
Weib kann ich stolz bleiben, selbst unterm Rasen; grad und aufrecht wird sie bleiben in aller 
Schickung; kräftig ins Leben packen wird sie, wie's einer Kriegersfrau geziemt, auch wenn . . . 
Das weiß ich und darum bangt mir nicht und sehe ich Sonne. Ich kämpfe ja für Volk und 
Heimat, für Weib und Kind und zwei herzliebe alte Leutchen. 
So hab' ich denn ganz maßlose Freude, als ich abends noch zwei Briese von daheim 
empfangen. Was bedeuten einem da all die anderen Postsachen? Die zwei Briefe, in solcher 
Stunde mir so Inniges kündend, sind mir ein neues, seliges Gut auf den Sturmweg. 
Adjutant-Professorchen kommt wieder daher. „Nur auf einen Moment!" — „Du, die 
Salami ist erstklassig; kostet mindestens fünf Kronen." — „Gerade wieder kam ein neuer Spezial¬ 
befehl: Von fünf bis neun Einschießen der Artillerie, von neun bis zwölf Wirkungstrommel¬ 
feuer oder, wie's bei uns heißt, -vereinigtes Massenfeuer'. Dazwischen genau geregelte Zehn¬ 
minutenpausen zum Vorgehen und zum Rücklocken des Feindes in seine Stellungen; sollen nämlich 
auf dem Coston herrliche Kavernen haben. Punkt zwölf setzt der Sturm an. — Ja, Servus, 
ich muß wieder . . ." 
„Du, halt, halt, halt, halt! Geh schau, daß wir für die Nacht wieder Holzkohlen kriegen! 
Bei diesem nassen Zeug da muß man sich ja die Lunge rausblasen! Verstehst du: aber .erst¬ 
klassige'!" 
Er lächelt und geht. 
Also: Punkt zwölf Uhr Sturm! 
Sturm, — Sturm, wie mag das sein, so ein „Sturm"? Sturm, das heißt doch: Sich 
aufbäumen und tosen, heißt jagen und jauchzen, heißt beugen und brechen, heißt vernichten, 
zerschlagen, heißt siegen und groß sein! Sturm ist Rebell! Sturm — das Wort ja schon braust 
und schmettert, brandet und brüllt, rast und bewältigt! Sturm! Sturm! Ich möchte die Stunde 
segnen! Hurra! 
Bei Kerzenschein rasch die Zeitung! Bringt nicht viel Neues; übermorgen vielleicht . . . 
Theater und Kunst: Max Reger ist gestorben. Wildgans erhielt für sein Drama 
„Armut" den Raimundpreis; es freut und befriedigt mich innig. 
Der Leutnant kommt und teilt uns für morgen das Kompagnieprogramm mit: Um fünf 
Uhr Tagwache (werden wohl die Kanonen besorgen!), halb sechs Kaffee, acht Uhr Menage, neun 
Uhr Vergatterung, neun Uhr fünfzehn Abmarsch in die indes von unserer ersten Sturmlinie 
bereits verlassenen Stellungen. Heute nachts werden Sappeure und Streifkommanden die Draht¬ 
verhaus da und dort zu sprengen haben. 
So warten wir denn in unserer verschneiten Schrunde, geschützt durch den breiten Berg¬ 
rücken, fast völlig auch durch die hohen Bäume gedeckt, kaum zwanzig Minuten hinter den 
Gräben, die durch lange Monde dem treulosen Gegner wehrten. So warten wir denn inmitten
	        
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