Volltext: I R 14

Doch da — „Erlösung" — eilt ohrenbetäubendes eigenes Artilleriefeuer setzt ein, Schuß 
auf Schuß kracht. Die Geschosse sausen über die Köpfe der Besatzung, jetzt geht es dem Gegner, 
an den Kragen, Gott sei Dank! 
Immer mächtiger und mächtiger wird das Getöse, unsere und feindliche Artillerie 
entwickeln die größte Kraftentfaltung. Nervenerschütternd ist das Tosen, der Berg droht ein¬ 
zustürzen, so übermächtig wirkt der Italiener auf diesen kleinen Raum. Hut ab vor den Helden, 
die in dieser Hölle ausharren bis der erlösende Jnfanterieangriff losbricht. 
7 Uhr 30 Minuten — in 10 Minuten geht's zum Sturm — noch immer ist es der 
eigenen Artillerie nicht gelungen die gegnerische niederzukämpfen. 
Letztere trommelt in unverminderter Stärke weiter, der heldenmütigen Besatzung schwerste 
Verluste zufügend. Auch der beim bevorstehenden Angriff zu durchschreitende Raum liegt im 
Trommelfeuer. Ist denn ein Vorkommen durch dieses Feuermeer überhaupt möglich? Leise 
Zweifel und Bedenken steigen den Unterführern auf. Sie wissen, welche Menschenopfer ein 
Durchschreiten dieser Zone kostet, nur allzu gut schätzen die kampferprobten Offiziere die bevor¬ 
stehenden Verluste ein, und mit bis aufs äußerste angespannten Nerven erwarten sie trotz 
alledem die Minute des Angriffes! Nur vorwärts, heraus aus diesem Hexenkessel, an den Feind 
heran, Brust an Brust soll sich's zeigen wer der Überlegenere, denn machtlos steht der Helden¬ 
geist der Linzer dieser modernen Kampftechnik gegenüber! 
„Der Italiener verläßt den Graben, er greift uns an" — die Posten rufen es — 
ein elektrischer Schlag durchzuckt die Reihen. Nun gibt es kein Halten und Zaudern mehr, mit 
dem Revolver in der Hand verläßt der Kommandant der ersten Welle den Graben, überspringt 
die Brüstung und ein donnerndes „Hurra" durchdringt das Tosen der Geschütze. Im Vollauf 
geht es an den Gegner und diesem machtvollen Angriffe kann die italienische Infanterie nicht 
widerstehen. Vernichtet hat der Feind die Besatzung geglaubt und wenn nicht dies, dann voll¬ 
kommen entnervt; und hier, hier stürmt ja vollkommen intakte Infanterie! Das ist zuviel für 
die Italiener; schon sind die Vordersten Mann gegen Mann im Kampfe, kein Schuß fällt, 
Kolben und Hessenfäuste verrichten stumme Arbeit! Noch versucht er Widerstand zu leisten. 
Verzweifelt kämpft am rechten Flügel eine italienische Kompagnie. Tollkühn sprengt Feldw. 
Gütlbauer mit drei Mann seines Zuges gegen diese bedrohte Stelle, den Stutzen wirst er weg, 
Handgranaten sind seine Waffen! Der feindlichen Geschosse nicht achtend stürzt er in den 
Graben des Gegners, ihm nach seine Braven, und das Glück ist auch diesmal dem Mutigen 
hold! Vollkommen überrascht durch dieses todesverachtende Beginnen, gibt der Gegner nach den 
ersten Verlusten seinen Widerstand auf. Gefangene und drei Maschinengewehre sind die Beute 
dieses Helden, dessen Brust heute die „Goldene" schmückt. 
Da wird der allseits verehrte und beliebte ritterliche Baonskommandant verwundet, 
ein Oberleutnant übernimmt das Kommando. Ihren Führer fallen sehend kennt die Wut der 
Hessen des 3. Baons keine Grenzen, und diesem Anpralle ist der Feind nicht gewachsen. Die 
Waffen wirft er weg, sein Mut ist gebrochen. Kurzerhand werden die Gefangenen — es 
sind rund 400 bis 500 Mann — nach rückwärts geschafft, keine Zeit ist zu verlieren, zwei feind¬ 
liche Linien sind noch zu stürmen. 
Und weiter tobt der Sturm bis zur nächsten Linie. Die braven Kämpfer immer vor¬ 
wärts stürzend achten nicht der Verluste die sie bereits erlitten, doch jetzt müssen sie ihrer gewahr 
werden. Granaten und Maschinengewehre haben in den Reihen der Angreifer blind gewütet, 
nur noch ein kleines Häuflein schart sich um den Führer. Dieser Überblickt die Sachlage. Er 
weiß, daß er mit diesen Resten den in der zweiten Stellung befindlichen Gegner nicht mehr 
werfen kann. Tiefes Weh erfüllt ihn, und so sehr es auch schmerzt er muß „Halt" gebieten. 
Deutlich erkennt er, daß der Feind sofort Gegenangriffe einleiten wird um die soeben erlittene 
empfindliche Schlappe wieder wett zu machen! Hart klingt der Befehl „Eingraben" und 
knirschend, von ohnmächtiger Wut erfüllt, daß ihnen ein weiteres Vordringen nicht geglückt, 
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