Volltext: I R 14

Geschütze feuern zu lassen. Zur Offensive geht's, den gehaßten Gegner endgültig niederzuringen, 
ihm neuerlich zu beweisen was oberösterreichischer Heldenmut und Hessenfaust vermögen. Ihnen 
zur Seite stehen in den nächsten Tagen die heldenhaften Rainer, Schulter an Schulter soll 
neuer Lorbeer erworben werden. Eine schwarzgelbe Brigade ist wieder entstanden, doch diesmal 
gegen den Erbfeind! Und in der Brust eines jeden einzelnen erwacht die Bitte, wie ein Sto߬ 
gebet zum Himmel emporsteigend: „Herrgott da droben, segne unsre Waffen! Den Siegesstern 
der Meletta und Miela, laß ihn auch diesmal über uns erstrahlen!" 
Aber die Zeit drängt! Das undurchdringliche Dunkel beginnt einer fahlen Dämmerung 
zu weichen, der Morgen setzt ein. Schnell heißt es das letzte Stück Weg zu bewältigen, denn 
der Gegner darf von unseren Plänen und Verschiebungen nichts merken. Leise Zurufe der führen¬ 
den Ofsiziere verscheuchen die aufsteigende Mattigkeit, mit beschleunigtem Tempo wird der Marsch 
fortgesetzt. Und siehe, da tauchen schon Hütten auf, die Reserveunterstände der Stellungstruppen 
sind erreicht, man ist am Ziel! 
„Um 1 Uhr beginnt unsere Artillerie das Trommelfeuer, um 7 Uhr 40 Minuten greifen 
wir an", so flüstert der Offizier der von Trichter zu Trichter in gebückter Stellung eilt um 
seinen Kompagnieraum abzugehen; 
er muß geschickt jede Deckung aus¬ 
nützen, denn die gegnerischen Po¬ 
sten sind wachsam und feuern beim 
geringsten Geräusch. Er raunt es 
jedem einzelnen zu, erteilt hier und 
dort an die Unteroffiziere noch 
Befehle, überprüft die Aufstellung 
der Maschinengewehre. Es ist 
zwölf Uhr nachts, die Ablösung 
seit einer Stunde durchgeführt, sie 
scheint vom Gegner nicht bemerkt 
worden zu sein. 
Mit jeder Minute wächst 
die atemlose Spannung, die jeden Frenze«» - Juni ms. 
einzelnen würgend packt. Nicht 
Angst vor dem bevorstehenden Kampfe ist es, die ein merkwürdig trockenes Gefühl in der 
Kehle verursacht, weit entfernt davon; Angstgefühl ist den kernigen Männern Oberösterreichs 
fremd, aber die Ungewißheit der kommenden Stunden, über Leben und Tod für so manchen 
entscheidend, der Gedanke an die Lieben daheim — sie erwecken das wehmütige Gefühl! 
Doch horch, was ist das! Sausend schwirrt es durch die Luft, eine gewaltige Explosion 
nach der anderen in unmittelbarster Nähe! Der Italiener schießt! Soll es ein Feuerüberfall sein 
hervorgerufen durch die Meldungen der feindlichen Posten, welche die Truppenbewegung' in der 
eigenen Stellung also doch bemerkt haben? Nein, das ist kein Feuer welches nur Minuten 
währen soll; immer mehr und mehr schwillt es an, einzelne Explosionen sind in diesem erschüt¬ 
ternden Gekrache nicht mehr zu unterscheiden! Trommelfeuer! 
Endlos lang erscheint die halbe Stunde, welche noch bis zum Einsetzen der eigenen 
Artillerievorbereitung verstreichen muß, die Minuten schleichen dahin, jede kostet Menschenopfer! 
Das mit Soldaten voll besetzte Trichtergelände ist das reinste Feuermeer, ein Hagel von Steinen 
und Splittern überschüttet das Hessenregiment. Todesmutig eilen die Sanitätspatrouillen zu 
den Punkten von welchen sie gerufen werden. Schon mancher ist getroffen, wälzt sich in seinem 
Blute; ersruft nach ärztlicher Hilfe und da sind sie auch schon, die braven Sanitätsleute. 
Schutzlos dem Feuer preisgegeben scheuen sie keine Gefahr, dort wo es nottut hilfreich einzu¬ 
greifen. Sie haben harte Arbeit. 
303
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.