Volltext: I R 14

So bildet sie ein offenes Prisma, jeder Explosionswelle, jedem Sprengstück erreichbar. 
Die den Eingang sperrende Sandsackmauer ist halb zerstört. 
Ein taktisch sehr ungünstiger Aufenthalt, nachdem auch die Reserve, zwei Züge 22 er- 
Jäger unter Oblt. Fükö und der halbe Sturmzug, in den paar elenden Kavernen, größtenteils 
aber in den Schneelöchern der Doline, Hausen. Jeder kleinste Rückschlag, in dem unmittelbar 
vor uns liegenden Frontstücke, muß das Kommaudo in Mitleidenschaft ziehen; eine Verschiebung 
der Reserven ist ganz ausgeschlossen, aber Befehl ist Befehl. Eine Gegenvorstellung ist nicht 
jedermanns Sache, denn wie ein Peitschenhieb wirkt das unfehlbare Mittel, die Anspielung 
auf persönliche Bedenken. Obstlt. Ontl, der Jnterimsregimentskommandant, hat dieselbe 
Meinung. Hptm. Spazil übergibt mir das Kommando — Schriftliches blutwenig — die unheim¬ 
liche Situation bedarf keiner Erläuterung. Wie sollen mich, mitten in der Front sitzend, Ordon¬ 
nanzen von den Flügelsektionen erreichen? Parallel mit der Stellung müssen sie laufen, der 
Graben größtenteils eingeebnet — zerschossen. Die Verhältnisse habe ich ja durch meine Inspi¬ 
zierung, aufrichtiger gesagt durch mein Herumirren, gründlich kennen gelernt. 
Doch zur Kritik ist wenig Zeit. Die Herren haben böse Tage erlebt, und wir alle 
stehen vor unzweifelhaft noch ernsteren Ereignissen. 
Die Nacht, eine Ewigkeit, bringt nichts von Bedeutung — der Feind beschießt hauptsächlich 
den Anmarschweg. 
Meine Leistung, am 11. von Trient weg und am 13. Juni in der Stellung, meist 
zu Fuß marschierend, kann sich sehen lassen; trotz aller Müdigkeit ist vom Schlafen keine Rede. 
Die zwei Bretter, welche Hptm. Spazil und mir als Bett dienen, sind des Prokrustes würdig. 
Dabei tropft es uns noch von der Decke ins Gesicht — also lieber an den einzigen 
Tisch, und mein Stellvertreter erstattet Bericht über die bisherigen Ereignisse. 
* * 
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Der Vormittag des 14. Juni verläuft für den Kampfgraben ziemlich ungestört. Dafür 
wird es in der Zirkusdoline, in welcher der Gegner selbstverständlich Reserven vermutet, sehr 
ungemütlich. 
Einige Magyaren, wie gewöhnlich sehr unvorsichtig, haben trotz aller Befehle ein kleines 
Feuer angemacht und die kaum sichtbare Rauchsäule hetzt uns die feindlichen Batterien und 
Minenwerfer an den Hals. 
Vor der Kaverne ist es nicht auszuhalten, die Geschosse explodieren glücklicherweise 
auf dem Rande der fast kreisrunden kleinen Doline und der mächtige Luftdruck trifft die In¬ 
sassen wie ein Schlag mit einem flachen Gegenstände. 
Um 12 Uhr mittags beobachten wir einen Fliegerkampf — das gehört zu den aufregendsten 
Schauspielen des Krieges. Trotz des Daumenhaltens werden zwei eigene Avions abgeschossen, 
doch auch ein mächtiger Caproni muß daran glauben und stürzt brennend in die Tiefe, zerschellt 
auf derselben Mutter Erde, die ihrem Sohne Anteus mit jedem Kusse neue Kraft gegeben. 
Der Nachmittag bringt große Unruhe, mächtige feindliche Artillerieüberfälle durchbrausen 
die Luft. Um 6 Uhr 15 Minuten abends nimmt das Feuer an Stärke zu, die Mannschaft 
flüchtet zu uns. 
Die Italiener sind hochgradig nervös, sie wissen, daß wir den Verlust der Kote 2071 
nicht resigniert hinnehmen werden, und knallen so verrückt, um unsere Vorbereitungen zu stören. 
Bis 7 Uhr abends dauert der Rummel, dann schweigen die feindlichen Feuerrohre. Um 
9 Uhr abends, es herrscht bereits Dämmerung, wird aus der zweiten italienischen Stellung, 
auf der Maora, lebhafte Bewegung gemeldet. Man hört Singen und Feuerschein ist sichtbar. 
Um 11 Uhr abends kommt total erschöpft die 5. Kompagnie, welche den Angriff um 2 Uhr 
30 Minuten früh mitzumachen hat, in den Zirkus, der nun von Menschen wimmelt. Trotz der 
italienischen Kanonade, die längst wieder begonnen konsequent den Rand der Doline zersplittert, 
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