Volltext: I R 14

Genüsse, die uns nach 18 ständiger Ruhelosigkeit winkten, mußten aufgegeben werden, es war 
eben eine nur frohe Botschaft, deren Verwirklichung nicht möglich war. 
Nichtsdestoweniger war die gute Stimmung, die Zuversicht, der Drang dem Feinde an 
den Hals zu gehen, überwiegend, und so zogen wir weiter. Auf der Höhe von Oserdüw—Pre- 
wodöw hatte sich der Russe festgesetzt, es galt, demselben das erstemal Aug' in Aug' entgegen¬ 
zutreten, ihm zu zeigen was oberösterreichische Kraft vermag. Nie vergessen werde ich mit welcher 
Bereitwilligkeit, trotz vorhergegangener Strapazen, sich das Regiment anschickte den Kampf 
anzunehmen, wie rasch sich dies alles abrollte, wie siegessicher sich die Hessen raillierten, um 
endlich das Wort „Vorwärts" zu vernehmen. Die feindliche Artillerie hatte schon durch längere 
Zeit ganz kräftig eingegriffen. 
Es war eine ihrer besten wie wir nachträglich erfuhren, welche auch nicht im ge¬ 
ringsten mit Munition sparte und so einen Feuerhagel auf uns losließ begleitet von Jn- 
fanterieschüssen, welche vor und hinter uns einschlugen. Wie am Exerzierplatz im tiefsten 
Frieden — man kann dies nicht schöner dort gesehen haben — ging es nun vorwärts. 
Offiziere und Mannschaft, von einem Feuereifer beseelt wie er idealer nicht gedacht werden 
konnte, wetteiferten im Vorwärtsbringen. Man konnte sich des Gefühles nicht erwehren, jeder 
brave Hesse wollte förmlich für seine Person eine größere Russenbeute einheimsen, tollkühn, 
unaufhaltsam, trotz Verwundeter und Toter stürmte alles weiter, nicht achtend aller Kraft¬ 
anstrengungen, an den Feind heran. 
Immer näher und näher drang die Walze, manche Reihe war schon stark ge¬ 
lichtet, aber kein Manu ließ sich aufhalten, mühevoll gelang es den Offizieren die Leute 
zu einer Atempause und zur Verwertung ihrer Schußwaffe förmlich zu zwingen. Der Drang 
war überwältigend und wurde auch von den später gefangenen Russen einmütig anerkannt 
und bewundert. 
Gegen 8 Uhr abends war der letzte Vorstoß beendet, die feindliche Batterie erstürmt, 
der Gegner, aus seiner Stellung geworfen, flutete gegen Norden zurück. Die Begeisterung bei 
der Wegnahme der Batterie war rührend, man hörte allgemein: es ist schwer gewesen, wir 
haben aber gesiegt. Jeder wollte für sich den Anspruch erheben, er habe den letzten Wider¬ 
stand mit seiner Kraft, mit seiner Hingebung gebrochen. Die ersten Gefangenen, 50 Manu, 
worauf noch mehrere hundert folgten, brachte ein Zugsführer ein der stolz seine Herde daher¬ 
trieb und wie ein treuer Hund selbe ganz allein bewachte, kein Auge abwandte, damit ihm 
ja nicht die süße Beute auseinanderflattere. Der brave Unteroffizier geleitete auch selbe weiter 
bis Rawaruska, wo die Gefangenen abgegeben wurden. Dies ist wahre und heiße Liebe für 
die große Sache. 
Wie bei Belz so auch hier kündeten dichter Rauch und Flammen, daß Prewodow einst 
war. Reiche Beute an Munition, Geschützen sowie Pferden fiel uns in die Hände. Die vom 
Feinde geräumte beziehungsweise verlorene Stellung wurde von uns besetzt, wartend, was der 
folgende Tag bringen werde. 
Viele unserer Braven, die in voller Kraft, in heldenmütigem Draufgehen zum Siege 
beitrugen, mußten leider ihr junges Leben für das Vaterland opfern, ihnen möge die Erde 
leicht sein, ihren lieben Angehörigen möge der Trost bleiben, sie starben in voller Begeisterung, 
nicht achtend das tödliche Blei als Helden; ihr Andenken wird ewig währen. 
Der 28. August 1914 war die Feuertaufe für das Hessenregiment, in welcher es der 
Jetztzeit und der Nachwelt zeigte, was Vaterlandsliebe alles vermag, was ein starker, lebens¬ 
kräftiger Volksstamm, in welchem ein gesunder Kern steckt, trotz der größten vorhergegangenen 
Anstrengungen zu leisten vermag. Man kann mit Fug und Recht sagen, Gott erhalte und 
beschütze das schöne Land Oberösterreich in ferneren Zeiten, in gleicher unbesiegbarer Kraft 
seiner Heldensöhne, zum Wohle des schönen Vaterlandes. 
C 
217 
28
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.