Volltext: I R 14

mit bewundernswerter Bravour kämpften und denen durch die Überschreitung des Flusses bei 
Cornino die südliche Rückzugslinie bereits abgeschnitten war, auch seine westwärts führenden 
durch gewaltsames Vordringen abzusperren. 
Ein tüchtiger Nachtmarsch brachte das Regiment noch vor Tagesanbruch über die stark 
unter Feuer liegende Straße bei Piani, wo deutsche Jäger vergebens die Überschreitung des 
Taglianlentos versuchten. Nach einer längeren Rast wurde der Marsch fortgesetzt. Jetzt begannen 
Entbehrungen und Mühsale, wie sie das Regiment seit 1914 nicht mehr mitgemacht hatte, nur 
mit dem Unterschiede, daß es diesmal kein Rückmarsch war, sondern mit Siegeszuversicht im 
Herzen hinter dem Feinde herging, was die Strapazen leichter ertragen ließ. 
Bisher litt die Truppe keinen Mangel. Wohl hatten die schwierigen Gebirgsverhältnisse 
den Verpflegszuschub in den ersten Gefechtstagen verzögert, aber überall gab es Ortschaften, 
in denen für wenig Geld schmackhafter Käse, Butter, 
Eier, Obst, Brot und Wein zu kaufen war, in welch 
längst entwöhnten Leckerbissen die Hessen, wie der Herr- 
gott in Frankreich, schwelgten. Nun aber sollte dieses 
Schlarassendaseiu ein Ende nehmen, über romantische 
Berge mit einsamen Almhütten, Dörfchen, in denen es 
nichts zu nagen und zu beißen gab, zog das Regiment. 
,,Den Pferden war so schwach im Magen, fast mußte 
der Reiter die Mähre tragen" — hätte der Train dekla¬ 
mieren können, denn er mußte wegen der abgehetzten 
Tiere und schmalen Maultiersteige in Ponte zurückbleiben. 
Die Bevölkerung war größtenteils von dem fliehenden 
Gegner mitgerissen worden. Erst am 15. Oktober stieß der 
Troß wieder zum Regimente. Dieses war also auf vierzehn 
Tage auf sich selbst angewiesen, ohne Brot und Salz. Vieh 
gab es genug, auch wurde täglich geschlachtet, aber das frische, 
zähe Fleisch schmeckte ohne Salz — dessen Monopolisie¬ 
rung schon im Frieden ein Zeichen seiner Knappheit war — 
fade und widerwärtig und viele verzichteten darauf, bis 
der Hunger, als der beste Koch, sie zum Essen zwang. 
Mit den Worten dankbarster Anerkennung, die 
FMLt. Kraus den scheidenden Oberösterreichern mit auf 
den Weg gab, war man um 4 Uhr früh nach einem Marsche, der über steile Hänge, durch Wald 
und romantische Schluchten in die zerklüfteten Berge der Karnischen Alpen führte, in Stavoli, 
einem winzigen Neste, tief im Gebirge angelangt. Das war kein Marsch mehr, das war ein 
Klettern auf abschüssigem Hange, ein Kleben an Felswänden, ein Schlafwandeln müder, schwer¬ 
belasteter Menschen, von denen viele zurückbleiben mußten. Aber es führte kein anderer Weg 
nach Tolmezzo, zum Sammelplätze der Gruppe des FMLts. Hordt. Die einzige längs des Taglia- 
mento von Piani dahin führende Straße stand immer noch unter dem schweren Feuer vom 
Fort Samplago. 
Nur wenige Stunden Rast, dann ging es weiter, immer den Maultiersteig, von 
italienischer Munition übersät, entlang nach Jlleggio nördlich Tolmezzo, wo die Division am 
4. November um 4 Upr nachmittags eintraf. Die Bewohner, Friauler, der deutschen Sprache 
meist mächtig, zeigten viel Entgegenkommen. Am 5. November um 3 Uhr nachmittags wurde 
der Weitermarsch nach Tolmezzo angetreten. Eine herrliche, mit zahlreichen Tunnels und 
Viadukten gespickte Kunststraße führte dahin, aber jäh wurde das Auge in die grausame Wirk¬ 
lichkeit zurückgeführt, als die Kolonne in die Gassen von Tolmezzo einbog. Es war finstere 
Nacht. Die Stadt hatte durch Beschießung noch wenig gelitten, aber sie bot ein trauriges Bild 
131 
17*
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.