Volltext: Krieg und Kunst

Wahrzeichen des Landes, eindrucksvoll abgewandelt, so ist hier an der 
Ostsee ein sagenhaft gewaltiger Schiffskiel in Stein aufgetürmt. Das Reichs¬ 
ehrenmal Tannenberg symbolisiert in diesen harten kriegerischen Formen 
und Maßen nicht nur die Befreiungsschlacht von Tannenberg, sondern den 
Sieg des Ostheeres überhaupt. Und das Marine-Ehrenmal ist das Symbol 
der trotzigen Tat einer jungen Flotte, die bei Skagerrak die größte Flotte 
der Welt schlug und deren U-Boote den Feind an den Rand der Nieder¬ 
lage brachten. Hier ist keine aufgeklebte Symbolik mehr. Hier ist die 
Form selbst Symbol geworden, weit ins Land und in die deutsche Zukunft 
ragendes Symbol; steingewordener Dank eines Volkes und Gelöbnis 
zugleich, wie es in einem geschichtsbewußten, gesunden Volk nicht anders 
sein darf. Diesen Ausdruck erreicht von den Malen des Volksbundes vor 
allem die Totenburg in Bitolj. 
Auch die Bildhauer haben ihren Beitrag zur Verklärung des heldischen 
Opfers geleistet. Vor der Hindenburggruft im Tannenbergdenkmal halten 
zwei steinerne Soldaten von Paul Bronisch streng und feierlich ewige 
Wacht. Am Eingang der Flandernkaserne in Stuttgart steht ein Hand¬ 
granatenwerfer, dem Fritz von Graevenitz ein kühnes, edles Gesicht gab, 
Fritz Klimschs Ehrenmal in Quedlinburg zeigt einen zu Tode getroffenen 
Jüngling, der gerade in die Knie bricht und mit der beispielhaften Gebärde 
des stolzen, edlen Kämpfers stirbt, das Gefallenenmal in Stralsund von 
Georg Kolbe vereinigt zwei Jünglinge, die den Schwertknauf fassen: Ihr 
seid nicht umsonst gefallen. Vom Ehrenmal Biebrich blickt das ernste 
männliche Gesicht eines Kriegers mit dem Schwert von Richard Scheibe. 
So haben unsere besten Bildhauer für denselben Gedanken verschiedene, 
jedoch gleich überzeugende Ausdrücke gefunden und Gestalten geschaffen, 
die sich unserem Volke und seiner Jugend als Sinnbilder der ewigen Opfer¬ 
kraft und Tatbereitschaft der heldischen Jugend unverlöschbar eingeprägt 
haben und immer wieder einprägen werden. 
Hat die Kunst heute im Großdeutschen Freiheitskrieg, da das Bedürfnis 
nach Veranschaulichung der Geschehnisse in so großartiger Weise von 
Filmen und Lichtbildern befriedigt wird, noch eine Aufgabe als Bild¬ 
chronist der Zeit zu erfüllen, eine Aufgabe, die ihr früher allein zufiel? 
Daß solche Fragen überhaupt auftauchen können, ist ein Beweis dafür, 
daß die Beziehungen zwischen der bildenden Kunst und der geschicht¬ 
lichen Wirklichkeit gestört waren. Die Schuld daran trägt einmal die 
pathetische Historienmalerei des 19. Jahrhunderts, der man Mangel an 
innerer geschichtlicher Wahrheit vorwarf. Die Schuld trägt aber noch 
mehr die sogenannte Eindruckskunst, die in ihren dogmatischen Vertretern 
überhaupt keine Phantasiegestaltungen zulassen wollte, sondern sich auf 
Wiedergabe der sichtbaren Wirklichkeit beschränkte. So sehr die bildende 
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