Volltext: Das Bild als Waffe

So wurde der kämpfende Poilu zum Vorbild der Heimat. Pierre 
Albin, der im September 1914 mit der fliehenden Regierung nach Bordeaux 
gegangen war, erzählt, wie die erste von der Front eintreffende Graben¬ 
zeitung gleich einem reinigenden Gewitter die Wolken der Entmutigung 
und Verzagtheit verjagt habe 116. Das «Ne t’en fais pas!» des Poilu wurde 
nun auch zum Motto der Zivilisten. Der angesehene Pariser Verlag 
Berger-Levrault brachte bald den Inhalt einer Reihe von Frontzeitungen 
in Buchform heraus115. Die amtliche Propagandastelle der «Maison de 
la Presse» sammelte Frontblätter und gab sie an in- und ausländische 
Zeitungen weiter, um die gute Stimmung im französischen Heere zu 
zeigen 117. Aus dem gleichen Grund veröffentlichten die französischen 
Tageszeitungen Schützengrabenpoesie und Karikaturen in ihren Spalten. 
So brachte der EXCELSIOR 118 eine an der Front entstandene Zeichnung 
von Louis Icart «Dans nos tranchees», die dem ECHO DES GOURBIS 
entnommen war, und auf der ein französischer Soldat die Siegesgöttin zu 
sich herüberzieht: «Chic! ... une femme! ... Encore un effort, et eile 
est ä nous! ...» 
Die lachende Presse der Frontsoldaten wäre ohne das Spottbild nicht 
denkbar. Trotz der technischen Unzulänglichkeiten, die die Bildqualität 
herabdrücken, sind viele Blätter reich illustriert. Zu den besten ihrer Art 
zählen AH BATH, das PETIT ECHO des 18. Landw.-Inf.-Regiments, 
der RIGOLBOCHE und das MOUCHOIR. 
Nicht wenige erfreuten sich der Mitarbeit berühmter Künstler. So 
sah man Zeichnungen Hansis im ECHO DES MARMITES und solche 
von Albert Guillaume im ESPRIT DU COR. Viele Berufskarikaturisten 
waren selbst mobilisiert und stellten ihre Kunst in den Dienst der neuen 
Frontpublizistik. Jean-Jacques Roussau schuf das DERNIER BATEAU 
und Jean Galtier-Boissiere den CRAPOUILLOT, an dem auch der junge 
Jean-Loup Forain mitarbeitete und der — wie der CRI DE GUERRE — 
sein Erscheinen in Friedenszeiten fortführte. 
Der Ton der gegen die Boches gerichteten satirischen Beiträge ist 
gemäßigt im Vergleich zu den niedrig-gehässigen Anwürfen in der haupt¬ 
städtischen Presse und in den von Nicht-Soldaten geleiteten Pariser 
Witzblättern. Zu Ostern 1916 veröffentlicht der RIGOLBOCHE119 
eine Bilderreihe «L’Oeuf de Päques du Klownprinz». Der deutsche 
Soldat versucht mit einer Keule das Osterei „Verduncc aufzuschlagen: als 
es ihm endlich gelingt, springt ein riesiger gallischer Hahn daraus her¬ 
vor. Auch das Motiv der diebischen deutschen Offiziere wird mehrfach 
verwendet. 
Im Mittelpunkt der Verachtung des Frontkämpfers steht der «Em- 
busque», der feige Drückeberger, den man in meist unnützen Büros der 
Etappe und der Heimat antreffen kann. Die Satire der Frontzeitung 
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