Volltext: Das Bild als Waffe

Man muß bedenken, daß solche Bilder die einzige Kunst waren, die 
die Hütte des Bauern und die Kammer des Arbeiters in ganz Frankreich 
schmückte 108 und wird ihre verhetzende Wirkung nicht zu tief veran¬ 
schlagen dürfen. Der MATIN gab ein ähnliches Wochenblatt heraus, das 
PAYS DE FRANCE, das zum Preise von 25 Centimes verkauft wurde 
und gleichfalls satirische Zeichnungen brachte. 
LE FANTASIO 
Auch die ehemals mondänen Witzblätter, die vor dem 
Kriege für Politik keinen Raum hatten, beteiligten sich an der Bildpro¬ 
paganda, allerdings oft in einer verniedlichenden und darum um so ab¬ 
stoßenderen Form, soweit sie das heroische Moment des nationalen 
Kampfes mit seichten Flirtszenen vermengen. Der im gleichen Verlag wie 
das RIRE ROUGE erscheinende FANTASIO ist ein Musterbeispiel für 
Witzblätter dieser Gattung. 
Bis zum Kriegsbeginn sieht man nur gelegentlich Spottbilder deut¬ 
scher Typen, so die Karikatur eines deutschen Professors mit Tiroler¬ 
hütchen und Brille von Fabiano 109, satirische Darstellungen der deutschen 
Propaganda gegen die Fremdenlegion110 und Offizierstypen vonHansi111. 
Alle sonstigen Witze in Wort und Bild sind erotischer Art. 
Nach einer halbjährigen Pause zu Kriegsbeginn, während der den 
Abonnenten als Ersatz das RIRE ROUGE geliefert wurde, erschien der 
FANTASIO am 15. Februar 1915 wieder und kündigte die Mitarbeit be¬ 
kannter Künstler an, unter ihnen Delaw, Fabiano, Faivre, Genty, Ger- 
bault, Huard, Metivet und Willette, also die gleichen Männer, die auch 
für das RIRE ROUGE arbeiteten. Eine besondere Eigenart des FAN¬ 
TASIO ist sein Titelblatt, auf dem in immer neuen Variationen die von 
R o u b i 11 e gezeichneten Figuren des Gavroche und des Joseph Prud- 
homme sich mit den Ereignissen des Tages auseinandersetzen. Im Innern 
des Blattes erscheinen regelmäßig die «Tetes de Turcs», Porträtchargen 
eigener oder feindlicher Führer von A. Barrere, zu einem erläuternden 
Text auf der gegenüberliegenden Seite. Unter der Rubrik «Envois du 
front» veröffentlicht man Zeichnungen und Karikaturen, die von der 
Front übersandt werden. 
Zur Verspottung des deutschen Nachrichtenwesens erscheint eine 
zweiseitige Beilage „Tadeblag-Zeit'un g“, als deren hauptsäch¬ 
lichste Mitarbeiter Romain Rolland, Wilhelm II., v. Moltke, das Skelett 
Bismarcks, Gott Vater, Maximilian Harden, v. Kluck, Franz-Joseph, 
Herr Betement-Hollweg, H. de Mumm und andere aufgezählt werden. 
„Sonderkorrespondenten“ sind der französische Naturalisierte Schwartz, 
der schweizerische Naturalisierte Schwartzbach, der belgische Naturali¬ 
sierte v. Schwartzbacher, der englische Naturalisierte Schwartzbacher, 
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