Volltext: Das Bild als Waffe

dem der originalen Form treu bleibenden, lediglich durch die dargestellte 
Situation und die Beischrift spottenden oder hetzenden satirischen 
Bild zu ziehen. Das letztere haben wir in den Kreis unserer Unter¬ 
suchung ebenso einzubeziehen wie das anfeuernde Werbebild. Eine 
brauchbare Begriffsbestimmung der Karikatur gibt Heinrich Arimond: 
„Karikatur ist die gewollte Abweichung von einer bekannten originalen 
Form, in der die Absicht begründet liegt, daß man sie zunächst als die 
originale Form selbst, dann aber als die Abweichung von dieser erfasse, 
mit dem Zwecke, an Stelle der Vorstellung der originalen Form die Ab¬ 
weichung von dieser zu setzen mit dem Bewußtsein, daß die Vorstellung 
der Abweichung noch die Vorstellung des Originalen sei.“ 4 Als gewollte 
Abweichung von einer bekannten originalen Form ist die Karikatur eines 
der Instrumente der Bildpropaganda, aber — wie oben dargelegt — nicht 
das einzige. 
Den Anspruch, Kunst zu sein, kann das Tendenzbild nur bis zu 
einem gewissen Grade erheben. Wird das zu propagierende Thema so weit 
übertrieben, daß beim Betrachter von einem ästhetischen Genuß nicht 
mehr die Rede sein kann — wie es vielfach bei der Greuelpropa¬ 
ganda der Fall war —, und begibt sich die Propaganda bei ihrer Mei¬ 
nungsbildung der Hilfe künstlerischer Gestaltung, so ist dadurch eine 
Wirkung im gewünschten Sinne nicht ohne weiteres ausgeschlossen, wenn 
sie auch — vor allem bei einem kultivierteren Betrachterkreis — stark 
beeinträchtigt wird. Da sich nun jede Propaganda in ihrem geistigen 
Niveau nach der Aufnahmefähigkeit des Beschränktesten unter denen, an 
die sie sich zu richten gedenkt, einzustellen hat 5, leuchtet es ein, daß bei 
der Wertung eines tendenzbestimmten Bildes nicht der Maßstab ästhe¬ 
tischer Gesetzmäßigkeit angelegt werden darf, sondern einzig und allein 
der einer mehr oder weniger gut erzielten Wirkung, um derentwillen 
es geschaffen wurde. Zu den bestimmenden Faktoren dieser meinungs- 
und willensbeeinflussenden Macht gehören in erster Linie die verschie¬ 
denen Formen der Publizistik, die das Propagandabild an die 
Öffentlichkeit her an tragen: die Zeitung, das Witzblatt, das Buch, das 
Album, das Plakat, das Flugblatt, die Postkarte usw., dann die Bild- 
Schöpfer, ihre Autorität, ihre künstlerische Gestaltungskraft und ihr 
Sinn für propagandistische Effekte, weiterhin der sachliche Inhalt des 
Bildes, seine leidenschaftliche Begeisterung, feine Ironie, beißende Satire 
oder sein glühender Haß, die dramatisch aufgebaute oder nüchtern be¬ 
richtende Beischrift, die von bündiger Kürze sein kann, und endlich die 
Aufnahmefähigkeit und -Willigkeit des Betrach¬ 
ters. Erst die möglichst gute Ausnutzung aller dieser Faktoren kann in 
ihrer Zusammenfassung einen schlagkräftigen Einsatz des Bildes in der 
Gesamtpropaganda garantieren. Welche Wirkungsmöglichkeiten hier ge¬ 
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