Die digitale Landesbibliothek Oberösterreich

Träger der Bildpropaganda erwähnten wir die suggestive Werbezeichnung 
Abel Faivres «On les aura!» 311, die das Motiv des anfeuernden Soldaten 
verwertet. Eine Zeichnung Eugene Cadels in der VICTOIRE: «Des 
canons, des munitions, des picaillons!» 312 erweitert dieses Motiv, indem 
sie dem auf Krücken gehenden Soldaten einen Bauern gegenüberstellt, der 
seinen Sparstrumpf mit Goldstücken auf die Kasse bringt: „Der da hat 
sein Bein gegeben, da ist es wohl das wenigste, daß ich meinen Spar¬ 
strumpf leihe ...“ 
Auch hier hielt man sich von peinlichen Übertreibungen 
nicht frei. Eine solche ist das Bild desselben Zeichners „Weihnachten 
1916“ 313: Die alliierten Truppen (Franzose, Neger, Engländer, Russe ...) 
grüßen die Krippe, neben der die Jungfrau Maria steht und in der 
leuchtend eine — Granate liegt: «Le voilä, celui qui va sauver le 
monde ...» Daß ein derartig verstiegener Gedanke, eine Granate in blas- 
phemischer Weise als Welterlöser zu feiern, überhaupt gedacht werden 
konnte, ist ein bezeichnendes Symptom für die als Folge der Kriegspsy¬ 
chose eingetretene Verworrenheit in den Köpfen mancher Volksführer, zu 
denen die Propagandisten als Gestalter der öffentlichen Meinung ge¬ 
rechnet werden müssen. 
Als nicht unbedeutendes Teilstück der Munitionsbeschaffungspropa¬ 
ganda nennen wir endlich den Werbefeldzug des JOURNAL-Herausgebers 
Charles Humbert, dessen Leitartikel unter dem Stichwort «Des 
canons! Des munitions!» manchen Zeichner inspirierten. 
2. Negativ. 
Zur systematischen Erfassung nach Gesichtspunkten des Inhalts 
hatten wir den Gesamtkomplex der französischen Bildpropaganda in die 
beiden großen, meist säuberlich voneinander zu trennenden Sphären der 
Außenpolitik und der Innenpolitik geschieden und in diesen 
wiederum den manchmal nicht ganz klaren, weil überschnittenen, aber 
grundsätzlich nicht zu leugnenden vertikalen Trennungsstrich zwischen 
positiver Werbung und negativer Agitation gezogen. 
Wenn auch in den bisher behandelten ersten drei Hauptgruppen gewisse 
methodische Verschiedenheiten festzustellen waren, so z. B. in der außen¬ 
politischen Agitation der Unterschied zwischen „nationalistischer“ und 
„demokratischer“ Haltung, so war doch als Endziel stets der Sieg Frank¬ 
reichs und die Stärkung seiner Widerstandskraft im Auge behalten wor¬ 
den. In der innerpolitischen Agitation dagegen — und das ist als Beson¬ 
derheit der nun darzustellenden letzten Propagandahauptgruppe festzu¬ 
halten — wurde der fundamentale Grundsatz der einheit¬ 
lichen Zielsetzung teilweise durchbrochen. Hier erweist 
sich also das Zerr- und Spottbild wegen seiner falschen, weil gruppen¬ 
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